Donnerstag, 17. Dezember 2009

Rückblick 2009: Juli - Musik

Hier der zweite Teil des Juli Rückblicks, in dem es hauptsächlich um Musik geht.

Michael Jackson beherrschte immer noch die Medien, unveröffentlichte Songs tauchten auf, ein angeblicher weiterer Sohn. Wer weiß, was uns da noch alles blüht. In 20 Jahren lese ich die Autobiografie von Prince Michael. Den Sorgerechtsprozess gewinnt im Übrigen die Oma.
Nach der erneuten Pleite in Sachen Eurovision Song Contest und anfänglichen Überlegungen, künftig in Kooperation mit Stefan Raab nach dem nächsten Teilnehmersong zu suchen, bestätigten sich diese im Juli. Noch war unklar, wie genau man die Sache angehen und planen wollte. Klar war nur, dass ARD und Pro7 kooperieren - ein Novum der deutschen Fernsehgeschichte.
Ich glaube im Juli wars, als ich mich endgültig mit dem Phänomen Lady GaGa beschäftigt habe, die ich anfangs als "nur eine weitere Hupfdohle" mit provokativen Outfits und elektronisch nachgebesserter Stimme gehalten habe. Dann sah ich auf YouTube einen Live-Auftritt von ihr und musste eingestehen: die Frau hat eine geile Stimme. Danach achtete ich mehr auf ihre Texte und wurde dann angefixt von ihrer Konsequenz, was ihr Auftreten anbetrifft. Ihr Debütalbum besitze ich mittlerweile - und wenn auch nicht jeder Song meinen Geschmack trifft, sehe ich es allmählich zwingend an der Zeit, dass Madonna sich leise als Korsagentragende Möchtegern-Provokation von der Bildfläche verabschiedet, zumal ihre Musik immer beliebiger wird, und Lady GaGa künftig das Zepter der Pop-Queen schwingt.
Im Juli gab es zwei CD-Veröffentlichungen, die es mir besonders angetan haben:

billytalentLustigerweise also das dritte Album von Billy Talent. Die kanadische Band hat mich zuvor nicht besonders begeistert oder interessiert, die Songs fand ich eher anstrengend. Entweder hat sich in der Zwischenzeit mein Musikempfinden geändert, oder die Titel sind tatsächlich besser geworden. Denn nach The Gossips "Music For Men" ist "Billy Talent III" die zweite Scheibe, die mir von Anfang bis Ende gefällt, ohne dass ich zwischendurch entnervt weiterskippe. Nach wie vor sind mir die Billys einen kleinen Tick zu dramatisch, man hat bei jedem zweiten Song das Gefühl, es ginge in den Liedern um Leben und Tod, Pathos, große Gefühle - ein bisschen musicalesque (gibts das Wort?) bisweilen. Zudem finde ich die Stimme von Sänger Benjamin Kowalewicz ebenfalls gewöhnungsbedürftig. Ich schrieb an anderer Stelle bereits, dass man bei ihm das Gefühl hat, er würde sich vorher ne Dröhnung Helium reinziehen, besonders live (dazu im November-Rückblick mehr) klingt er wie ein Schlumpf. Aber trotzdem ist dieses dritte Album richtig klasse, macht Spaß und rockt. Und müsste ich meine Lieblingstitel aufzählen, würde ich locker die halbe Tracklist benennen. Sicherlich ist "Saint Veronica" einer meiner Favoriten, extrem dramatisch aufgepeitschte Strophen und im letzten Drittel eine schöne Gitarren-Kreisch-Kombination. "Devil On My Shoulder" und "Tears Into Wine" sind gute uptempo Mitsing-Songs, und "Diamond On A Landmine" hat einen tollen Refrain, der mich an einen anderen Titel erinnert, welcher mir natürlich nicht mehr einfällt. Klingt auf jeden Fall irgendwie bekannt. "White Sparrows" war eigentlich der Grund für mich, die Platte zu kaufen, nur um dann zwischen den anderen Titeln unterzugehen. Wobei er allerdings - herausgelöst von der Tracklist - in meinen iPod Playlisten wieder funktioniert. Lediglich "Rusted From The Rain" finde ich mittlerweile langweilig. Nun bin ich auch nach Album III nicht unbedingt zum Billy Talent Hardcorefan geworden, aber auf 'nem guten Weg...

julian plentiIch bin erklärtermaßen ein Fan von Interpol. Ihre teils melancholischen, teils hoffnungsvollen Songs und ihre musikalischen Fähigkeiten bringen mich jedes Mal wieder zum Schwärmen. Paul Banks Stimme, mit hohem Wiedererkennungswert gesegnet, tut da ihr Übriges. Und da wäre es doch dieses Jahr glatt komplett an mir vorbeigegangen, dass Banks unter dem Pseudonym Julian Plenti sein erstes Soloalbum veröffentlicht hat, ein Dank an dieser Stelle an meine freundliche Kollegin mit gutem Musikgeschmack. Beinahe hätte ich eines der schönsten Alben des Jahres verpasst. "Julian Plenti is Skyscraper" ist eine vornehmlich ruhige Platte, der sonore Bariton von Banks und seine Klangwelten versetzen mich sofort in eine entspannte Stimmung. Natürlich können Ähnlichkeiten mit Interpols Sound nicht vermieden werden, aber man merkt schon sehr, dass es ein persönliches Album ist. Vielleicht sogar ein wenig unnahbar und kryptisch, er lässt den Zuhörer eher beiläufig an seinem Gefühlsleben teilhaben, wie ein halblautes Flüstern, dass man nur teilweise versteht. Insofern ist "...Skyscraper" unbedingt Musik zum konzentrierten Anhören, nichts für nebenbei oder als Hintergrundrauschen, man muss sich schon auf die Titel und die damit vorgeschriebene Ruhe einlassen können. Dann erlebt man mit "Girl On The Sporting News", "Games For Days", "Unwind" oder dem an Simon & Garfunkel erinnernden "On The Esplanade" einige echte Song- und Soundperlen!

2 Kommentare

  1. Gro�artig! Besonders "On the Esplanade" und das Titelst�ck gefallen mir auf Anhieb sehr gut. In die anderen mu� ich mich teilweise erst noch reinh�ren, klingt aber vielversprechend, der verschleppte Beat in "Fun that we have" z.B., sowas erwarte ich heute eigentlich gar nicht mehr. Sehr gut, super Tipp!

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