Montag, 31. Mai 2010

ESC, Lena und man kann auch alles übertreiben

Heute Mittag wurde auf der Pressekonferenz von Stefan Raab verlautbart, dass Lena nun offiziell - und nicht nur wie dahingesagt in der Nacht nach dem Sieg - auch im kommenden Jahr wieder antreten wird, um ihren "Sieg zu verteidigen". Und zwar ohne vorheriges Casting, lediglich der Teilnahmesong würde in einem Vorentscheid gewählt werden können. Laut ESC-Statuten ist dies zwar möglich, aber natürlich völlig unüblich.
Ich finde es selbst auch ein bisschen peinlich. Zum einen wird Lena auf diese Weise ihr ESC-Stigma nie los, zum anderen ist natürlich von vornherein klar, dass jeglicher Überraschungseffekt im nächsten Jahr natürlich weg ist. Bin der Meinung, dass Lena auch am Samstag weniger mit ihrer Stimme oder dem eigentlichen Titel überzeugt hat, sondern mehr mit ihrer offenen, süßen Art, mit der sie sich ins Bewusstsein und offenbar auch in die Herzen der europäischen Zuschauer gesungen hat. Diesen Effekt wird man im kommenden Jahr nicht wiederholen können. Insofern finde ich diese Entscheidung höchst fragwürdig. Irgendwie hoffe ich noch, dass sich das ganze nur als dummer Scherz herausstellt, aber das wird wohl nicht der Fall sein.


Was ich persönlich ein wenig ärgerlich finde ist die Tatsache, dass der ESC wohl nicht wie in den meisten anderen Siegerländern in der Hauptstadt stattfinden könnte, sondern außer Berlin bewerben sich Hamburg, Hannover und Köln. Dabei ist Raabs Favorit ganz klar Köln (O-Ton Pressekonferenz auf die Frage, wo der ESC in Deutschland ausgetragen werden sollte "Es gibt viele schöne Städte in Köln"), und man kann davon ausgehen, dass die dankbaren Organisatoren beim NDR alles tun werden, um Raab, den "Erlöser" glücklich zu machen.
Generell ist bei mir etwas Katerstimmung eingetreten - so sehr ich mich auch über Lenas Sieg freue und darüber, dass der ESC nach Deutschland kommt - Rufe nach dem Bundesverdienstkreuz für Raab und Lena halte ich beispielsweise für irgendwie grenzwertig. Man kann halt auch alles übertreiben.


Spaßeshalber habe ich heute mal nach den Ticketpreisen der Veranstaltungen in Oslo geguckt, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie teuer denn ein Ticket für die Halbfinale oder das Finale sein könnte. Das könnten ganz schön saftige Preise werden im nächsten Jahr. Die Halbfinale in Oslo waren etwas günstiger: zwischen 56 und 100 € pro Ticket, das Finale dann aber schon zwischen 100 bis 200 € pro Ticket (jeweils 3 Preiskategorien), ganz schön happig, finde ich. Aber lassen wir uns mal überraschen, was die nächsten Tage erstmal über den Veranstaltungsort bekannt wird.

Sonntag, 30. Mai 2010

Erkenntnisse vom gestrigen Abend

Vor dem ESC ist nach dem ESC...



  • Ein durch und durch netter (und langer) Abend mit freundlichen Menschen auf Teltower Sofas.

  • Hätte ich gewettet, was den Gewinner anbetrifft, hätte ich haushoch verloren. Unter den Top 10 hatte ich Lena angesiedelt, die leise Hoffnung, dass sie vielleicht sogar unter die ersten fünf kommt, hatte ich auch, aber mit dem Gewinn hab ich nicht gerechnet. War lustig, wie uns minütlich bei den Votings ein "Das gibts doch nicht" entwich. Ich weiß noch nicht, wem ich das mehr gönne - Lena oder Stefan Raab.

  • Der rumänische Song klang beim zweiten Mal besser. Da kann ich auch damit leben, dass die Rumänen - deren Sängerin tierisch Ähnlichkeit mit Shania Twain hatte - auf den dritten Rang gelandet sind.

  • Die Russen haben unsere gesamte kleine Runde zum panischen Schreien gebracht mit ihrem Gewimmer. Bei den Weißrussen bekamen wir dann nochmal Lachkrämpfe, als die Schmetterlingsflügel zum Weihnachtslied aufgeklappt wurden.

  • Norwegen war ein offenbar extrem sympathisches Gastgeberland. Und die beiden Moderatorinnen waren unglaublich schön und elegant gekleidet.

  • Ich stand mit meinem Musikgeschmack (fast) wieder alleine da in unserer ESC-Sofagruppe (Ukraine, Türkei, Israel, Serbien).

  • Europa vermisst ABBA und The Police schmerzlich, nur so ist es zu erklären, dass der hochnotpeinliche Titel aus Dänemark auf den vierten Platz kam.

  • Wenn die Türkei gewonnen hätte, wär ich auch nicht traurig gewesen (Memo an mich: bei iTunes nach 'nem Album suchen).

  • Sollte der ESC im kommenden Jahr in Berlin stattfinden (lt. NDR prüfe man noch, in welcher Stadt das sei, aber alle anderen Länder machen das in den Hauptstädten...), gibts keine Gemüsestick-Dips auf der Couch, sondern dann ist ein Feiern in der Halle angesagt. Das steht fest, einmal dabei sein und diese supergute Stimmung erleben!
    Etwas ängstlich bin ich dennoch, wer da die Moderation machen würde. Unsere Moderatoren können doch alle kein vernünftiges Englisch. Fremdschäm-Alarm? Die Norweger haben gezeigt wie's geht, total entspannt war das Dreiergespann und hat sich zu keiner Sekunde in den Vordergrund gespielt. Hat man allein dagegen den Einspieler von Hape Kerkeling bei der Bewertung gesehen, wollte man am liebsten schon wieder auswandern, als er profilneurosenartig die Aufmerksamkeit an sich riss, anstatt nur einfach mal die Punkte zu verlesen.

  • Das Popmusikland Nummer 1 - die UK - sind nach wie vor unfähig, einen vernünftigen Song in den Contest zu schicken. Da dachte ich die Woche noch, ich mache einen Witz, als ich die Ähnlichkeit des Teilnehmerliedes zu früheren Stock/Aitken/Waterman Produktionen erwähnte, um dann gestern festzustellen, dass ich damit leider völlig richtig lag. Ein verdienter letzter Platz für UK. Vielleicht hätten sie lieber die untenstehende Hooligan-Version des Songs vorgetragen:







  • Das Spanien 2x vortragen durfte (wir hatten im ersten Durchlauf den verrückten Fan gar nicht bemerkt), hat ihnen glücklicherweise auch nicht geholfen. Ein schreckliches Lied mit Angst einflößenden Tänzern auf der Bühne. Wenn man Kinder erschrecken will, dann könnte man nach Ansicht dieser Performance sagen "Wenn du nicht brav bist, dann stecken die heute Nacht alle in deinem Wandschrank". Da wird der Spinat aufgegessen, das sag ich euch.

  • Glaubt man jetzt wirklich, dass man nach ESC-Sieg auch Fußball-Weltmeister wird? *lach*


DennisHopper


 


 


 


Während der gestrigen ESC-Aufregung ging die Nachricht von Dennis Hoppers Tod fast ein wenig unter. Eine coole Sau & ein toller Schauspieler - er wurde 74 Jahre alt und möge in Frieden ruhen!


 

Freitag, 28. Mai 2010

Vorfreude auf den ESC 2010

War diese (Vorfreude) nach dem ersten Halbfinale am Dienstag noch leicht getrübt, wurde ich mit dem 2. Halbfinale gestern ein wenig versöhnt, welches einen viel besseren Gesamteindruck bei mir hinterließ, mit handfesten positiven Überraschungen aufwarten konnte und weit weniger Musik bot, die einem die Fußnägel aufrollten. Was nicht heißt, dass ich morgen Abend nicht trotzdem noch ein paar Lieder ein zweites Mal hören muss, auf die ich gut verzichten könnte.
Ich werde mal hier Google Konkurrenz machen, die ja aufgrund der Suchanfragen schon eine Prognose für den Ausgang des morgigen ESC gestellt haben (hier klicken), wobei diese Prognose mittlerweile obsolet ist, da in deren Statistik immer noch die Länder auftauchen, die in den beiden Halbfinales rausgeflogen sind. Nach Statistiken gehe ich natürlich nicht, sondern lediglich nach Bauchgefühl und meinem persönlichen Geschmack. Highlights der bisherigen Halbfinales waren für mich die Teilnehmer aus der Ukraine, Türkei, Israel und Belgien. Gestern konnte man Stimmen hören, bei denen man einfach weiß, dass unsere Lena dem nichts anderes entgegenzusetzen hat als ihre quirlige Persönlichkeit, was bei der Masse hoffentlich gut ankommt.
Also: das wäre meine Wunsch Top Ten


1. Ukraine - Alyosha mit der hervorragenden Seventies-Rock-Ballade (die mich ein wenig an die frühen Scorpions erinnerte) "Sweet People". Der Titel wird auf iTunes gekauft.
2. Israel - Harel Skaat mit dem hebräischen, dramatischen und überaus schön gesungenen Chanson "Milim", der mein Kitsch-Zentrum punktgenau erreichte.
3. Türkei - maNga, eine türkische Rockband, deren Sound mich teilweise ein klitzekleines bisschen an Muse erinnerte, und die die Halle schön gerockt haben mit "We Could Be The Same".
4. Georgien - Sofia Nizharadze mit "Shine", nicht unbedingt mein Geschmack, aber die Dame punktete mit ihrer unglaublichen Stimme und einem musicalesquen Song, ich glaube, das wird den Massengeschmack treffen.
5. Serbien - Milan Stankovic, der androgyne Sänger mit einem recht verspielten Titel, wie ich fand: Balkantradition gepaart mit modernen Beats, mir hats gefallen, der Song heißt "Ovo Je Balkan"
6. Aserbaidschan - Safura mit einem R'n'B-lastigen Titel, bei dem leider der Refrain ein wenig verbockt wurde, trotzdem hat mir der Song Spaß gemacht, und Sängerin Safura ist eindeutig Eyecandy und gut bei Stimme. Der Titel: "Drip Drop"
7. Deutschland - Lena, naja hoffen darf man ja. Ich glaube, dass sie mit ihrer unbeschwerten Art das Publikum und die Zuschauer mitreißen kann, auch wenn ihre Stimme nicht so perfekt und ihr Englisch etwas seltsam ist. "Satellite".
8. Belgien - Tom Dice, ein schöner Singer/Songwriter Titel, auch wenn Dices Stimme leichte Ähnlichkeiten zu James Blunt aufweist, dabei aber nicht zu jammerig oder weinerlich, vorgetragen ohne großen Firlefanz auf der Bühne. Schön. "Me And My Guitar"
9. Russland - Peter Nalitsch, ein schrecklicher Titel, bei dem man echt das Heulen kriegt, aber ich glaube einfach, dass die Russen unter die Top Ten gewählt werden. Wenn das Lied läuft, ist der Moment gekommen, um aufs Klo zu gehen. "Lost And Forgotten" - spätestens wenn er bei seiner Performance das Bild aus der Tasche holt und seine alte Liebe anschmachtet, krieg ich das Würgen.
10. Irland - Niam Kavanagh, auch nicht mein Geschmack, aber ich denke, auch Irland ist aus den Top Ten nicht herauszuhalten mit dieser "Titanic"-Nummer "It's For You"


Das wäre so mein Tipp für morgen, ein bisschen Wunschdenken, ein bisschen Realitätssinn. Mal gucken, was passiert.
Außerdem sind noch dabei:



  • Bosnien-Herzegowina: Vukasin Brajic "Thunder and Lightning"
    Ach nein, auch überhaupt nicht mein Ding.

  • Moldau: Sun Stroke Project & Olia Tira "Run Away"
    Lady Gaga meets Eurotrash. Ein visuelles Desaster, und der Song ist auch schlecht.

  • Griechenland: Giorgos Alkaios & Friends "OPA!"
    Erst dachte ich, das meinen die nicht ernst. Doch. Wenn man die Augen schließt beim Hören, hört man einen typisch griechischen Dancetrack, aber hingucken darf man nicht. Geht gar nicht. Aber ich wette, die machen Stimmung in der Halle.

  • Portugal: Filipa Azevedo "Há dias assim"
    Irgendwie bekannte Melodie, nett gesungen, belanglos

  • Weißrussland: 3+2 "Butterflies"
    Ganz übel. Weihnachtslied mit Schmetterlingsflügeln. Dass die weitergekommen sind, bedauere ich sehr.

  • Albanien: Juliana Pasha "It's All About You"
    Dancefloortauglich, ein wenig Madonna, einen Tick was anderes (Assoziation fällt mir nicht mehr ein). Gibt Schlimmeres.

  • Island: Hera Björk "Je ne sais quoi"
    Irgendwie Discofox mit französischem Refrain. Nicht mein Ding.

  • Armenien: Eva Rivas "Apricot Stone"
    Hier musste man überlegen, welche Aprikosen die Dame meinte, ein wenig mehr Push-up, und sie hätte über Höcker singen können, belangloses Liedchen, dünne Stimme

  • Dänemark: Chaneé & N'evergreen "In A Moment Like This"
    Eine einzige Frechheit. Auf der Bühne standen Lookalikes der jungen Wencke Myhre und Stuart Copeland, letzterer passte besonders gut, da man Polices "Every Breath You Take" in den Strophen 1:1 kopiert hat und dies dann im Refrain mit einem ABBA-Sound vermixte. Schrecklich.

  • Rumänien: Paula & Ovi "Playing With Fire"
    Dass die weitergekommen sind, hat mich auch verwundert. Der Titel ist jetzt nicht wirklich schlimm, aber auch völlig austauschbar.

  • Zypern: Jon Lilygreen & The Islanders "Life Looks Better In Spring"
    Das geht ein bisschen in die Richtung von Tom Dice aus Belgien, Singer/Songwriter Pop, unprätentiös, aber langweiliger als Dice.

  • United Kingdom: Josh "That Sounds Good To Me"
    Gesetzter Finalist - klingt wie eine alte StockAitkenWaterman Produktion, man wartet irgendwie auf Rick Astley. Die werden wieder abgeschlagen auf den letzten Plätzen landen.

  • Spanien: Daniel Diges "Algo pequeñito"
    Gesetzter Finalist - ein wenig too much wie ich finde.

  • Frankreich: Jessy Matador "Allez Ola Ole"
    Die Franzosen versuchen sich im Sommerhit. Das ist was für die Strandbar, nicht für den ESC. Werden aber Stimmung machen, da bin ich sicher.

  • Norwegen: Didrik Solli-Tangen "My Heart Is Yours"
    Keine Ahnung, den Titel hab ich bisher noch nicht gehört.


Erleichtert bin ich, dass Polen, Holland, die Grazien aus Kroatien (O-Ton Peter Urban) und Slovenien nicht weitergekommen sind, sehr anstrengende Songs. Belanglos, dafür aber visuell der reinste Horror waren die "Möwe" aus Malta, genauso wie die Waldgeister aus der Slowakischen Republik (Kristina Pelakova). Nix gegen ein bisschen Show, aber man kann alles übertreiben.
Den Harrorw, nein, Miro aus Bulgarien war ebenfalls ziemlich übel. Wo Spiegel-Online da "Emo-Klänge" herausgehört haben möchte, weiß ich nicht genau, für mich war das reinster Eurodance-Schrott.
Schweden dürfte jetzt Staatstrauer tragen, auch sie sind nicht weiter. Leid tut es mir um den sympathischen Estländer Malcolm Lincoln, dessen Titel "Siren" es nicht ins Finale geschafft hat, hat mir nämlich richtig gut gefallen. Auch Inculto aus Litauen fand ich ganz nett und hätte sie gerne am Samstag nochmal gesehen.


Freue mich auf den morgigen Abend. Um 21.00 Uhr geht's los im Ersten - nach dem Wort zum Sonntag, wie passend *g*.