Dienstag, 27. Dezember 2011

Ein musikalischer Rückblick 2011

Das Ende des Jahres ist auch immer die Zeit für einen kurzen Überblick auf das zurückliegende Jahr, und ich schließe mich dieser Tradition ebenfalls gerne an. Diesmal beginne ich mit dem musikalischen Rückblick.
2011 ist für mich das Konzertjahr schlechthin, was einfach daran liegt, dass ich ausnahmsweise mal einen Silvestervorsatz eingehalten habe, nämlich meine Konzerttaktung wieder deutlich zu erhöhen, und dabei dann nicht immer nur auf die "altgedienten" Künstler zurückzugreifen (wobei es diese natürlich auch gab), sondern sich auch mal auf neue Sounds einzulassen. Auf diese Weise bin ich auf das eine oder andere überraschend gute Liveerlebnis gestoßen.
Eine Best of Liste lässt sich dabei nicht zusammenstellen. Sagen wir so, das Suede Konzert in der Brixton O2 Academy in London im Mai lässt sich in Sachen Fan-Stimmung und Spielfreude der Band kaum toppen. Die Foo Fighters haben als absolute Spaßband alle Erwartungen mehr als erfüllt. Sehr überraschend war für mich die Show von Kitty, Daisy & Lewis, bei der ich kaum Erwartungen hatte und dann sehr beeindruckt und tierisch gut gelaunt aus der Columbiahalle kam. Für mich neuentdeckt habe ich durch das Berlin Festival The Rapture, die ich vorher überhaupt nicht auf dem Schirm hatte, deren Album aber immer noch in Heavy Rotation auf meinem iPod dudelt. Auch Kasabian empfand ich als erfrischend und habe mich von der tollen Stimmung in der Halle mitreißen lassen, und die Wombats waren ebenfalls gut.
Eher enttäuschend waren Fleet Foxes, deren Show ich schon Tage später wieder vergessen habe, mir wars einfach einen Tick zu langweilig, hübsche Harmonien hin oder her. Die gab es im Übrigen auch bei Stornoway im Frühling und dazu eine Band, die so liebenswert schüchtern und sympathisch auf der Bühne stand, dass uns allen ganz warm ums Herz wurde. Dagegen haben mich die Arctic Monkeys dieses Jahr zweifach enttäuscht, nicht nur ein uninspiriertes neues Album eingespielt, auf dem sie nun mittlerweile klingen wie jede andere xbeliebige Band, sondern auch ein entsprechend uninspiriertes Konzert im Admiralspalast gespielt, bei dem mir nur der Support Auftritt von Miles Kane trotz schlechtem Sound in richtig guter Erinnerung ist. Regelrecht geärgert habe ich mich bei dem The Kills Konzert, dieses Abspulen von Rockklischees hat mich null berührt, da wollte kein einziger Funke überspringen.
Bands wie The Good Charlotte, The Pretty Reckless, The Vaccines, Bush haben abgeliefert, bei Kyuss Lives! kam noch ein gewisser Kultfaktor hinzu, der die Show gefühlsmäßig vermutlich ein bisschen besser machte, als sie eigentlich war. Naja, und bei Bryan Ferry fühlte ich mich ein bisschen wie ein Küken auf Zeitreise in die 80er... Außerhalb jeder Wertung waren natürlich die Popolskis, das muss man eh selbst erlebt haben, um da mitreden zu können *lach*.

Bei den Plattenveröffentlichungen sah es düsterer aus. Tatsächlich gab es nur ganz wenige neue Scheiben (oder iTunes-Downloads *g*), bei denen ich wirklich behaupten kann, dass man sie vom ersten bis letzten Song genießen könnte. Dazu gehört "Feel It Break" von Austra, die ich ebenfalls auf dem Berlin Festival klasse fand und am 1.1. zum Neujahreskonzert in der Volksbühne wieder sehe. Aber auch das selbstbetitelte Debüt von Young The Giant und "Palace" von Chapel Club. Dazu Hammeralben von Florence + The Machine ("Ceremonials"), Foster The People ("Torches"), The Rapture ("In The Grace Of Your Love"), Art Brut ("Briliant! Tragic") und The Vaccines ("What Did You Expect From The Vaccines") sowie der deutschen Entdeckung Boy ("Mutual Friends").
Traurig fand ich stattdessen einige Veröffentlichungen meiner bisherigen Lieblingsbands. Mit dem aktuellen Album von den Kaiser Chiefs "The Future Is Medieval" kann ich beispielsweise überhaupt nichts anfangen. Über die Red Hot Chili Peppers Scheibe breite ich mal komplett den Mantel des Schweigens. Die enttäuschende Arctic Monkeys Veröffentlichung habe ich weiter oben bereits erwähnt. Auch die Wombats konnte mit dem neuen "This Modern Glitch" qualitativ nicht an ihrem Debüt anschließen. Das neue Foo Fighters Album "Wasting Light" hat mich nun auch nicht sooo vom Hocker gerissen, war aber okay, live funktionieren die Songs sehr gut, dies gilt auch für "Velociraptor!" von Kasabian.
Bei meinem kürzlichen Reinhören in Coldplays "Mylo Xyloto" habe ich gegrübelt, ob Coldplay mittlerweile das heutige Äquivalent zu Phil Collins in den 80/90ern sind, sicherlich nach wie vor keine wirklich schlechte Musik, aber spießig, langweilig und ohne Ecken und Kanten.
Dafür haben mich beide Alben der ehemaligen Oasis-Gründer und Brüdel Noel ("Noel Gallagher's High Flying Birds") und Liam (mit Band Beady Eye "Different Gear, Still Speeding") Gallagher positiv überrascht. Beide vom Sound her sehr unterschiedlich, beide alles andere als perfekt, aber angenehm zu hören.

Ich bin gespannt, wohin die Richtung im nächsten Jahr geht, irgendwie fehlt mir momentan der Funke der Veränderung, wenige Bands/Künstler, die ich über "meine" Radiosender so zu hören bekomme, bringen noch etwas wirklich Neues zustande, meist handelt es sich um ein Sammelsurium aus bekannten Genres. Aber neugierig bleiben - so lautet meine Devise. Fürs kommende Jahr sind schon einige Live-Tickets gesichert, und ich lass mich gerne überraschen, was so manche Band sich noch aus der Hüfte leiern kann (warte beispielsweise sehnsüchtig auf ein neues Queens Of The Stone Age Album, nur als Beispiel).

Meine Jahres Best-of, die ich an Freunde verschickt habe, liest sich demnach so (entsprechend meines Musikgeschmacks halt sehr britisch geprägt...):

CD1

01 Foo Fighters - Dear Rosemary //Wasting My Light

02 Wire - Smash //Red Barked Tree

03 Bush - The Sound of Winter //The Sea of Memories

04 Taking Back Sunday - Money (Let It Go) //Taking Back Sunday

05 The Vaccines - A Lack of Understanding //What Did You Expect From The Vaccines?

06 Art Brut - Ice Hockey //Brilliant! Tragic!

07 Gruff Rhys - Space Dust #2 //Hotel Shampoo

08 Boy - Skin //Mutual Friends

09 Anna Depenbusch - Wir sind Hollywood //Die Mathematik der Anna Depenbusch

10 Miles Kane - Rearrange //Colour of the Trap

11 Kaiser Chiefs - Kinda Girl You Are //The Future is Medieval

12 The Wombats - Techno Fan //This Modern Glitch

13 CSS - Hits Me Like A Rock ft. Bobby Gillespie //La Liberación

14 Foster The People - Don't Stop (Colour On The Wall) //Torches

15 The Rapture - How Deep Is Your Love? //In The Grace Of Your Love

16 Florence + The Machine - What The Water Gave Me //Ceremonials

17 Austra - Shoot The Water //Feel It Break

18 Noel Gallagher's High Flying Birds - (Stranded On) The Wrong Beach //NGHFB


CD 2

01 The Valkyrians - Mongoloid (Devo Cover) //Punkrocksteady

02 The Subways - Down Our Street //Money And Celebrity

03 The Futureheads - Sun Goes Down //The Chaos

04 Clap Your Hands Say Yeah - Hysterical //Hysterical

05 British Sea Power - Living Is So Easy //Valhalla Dancehall

06 Mystery Jets - Flash A Hungry Smile //Serotonin

07 Portugal.The Man - All Your Light (Times Like These) //In The Mountain, In The Cloud

08 Young The Giant - St. Walker //Young The Giant

09 Funeral Party - Youth & Poverty //The Golden Age Of Knowhere

10 Brett Anderson - Actors //Black Rainbows

11 Chapel Club - Surfacing //Palace

12 Smith Westerns - Only One //Dye It Blonde

13 Kasabian - Re-Wired //Velociraptor!

14 Elbow - The Birds //Build A Rocket Boys!

15 Cold War Kids - Cold Toes On The Cold Floor //Mine Is Yours

16 Boots Electric - Speed Demon //Honkey Kong

17 Tennis - Marathon //Cape Dory

18 Kitty, Daisy & Lewis - Messing With My Life //Smoking In Heaven

Donnerstag, 22. Dezember 2011

Ein erster musikalischer Jahresrückblick

Das Ende (des Jahres) naht, die Rückblicke häufen sich, aber kaum einer machts besser als die beiden Junge Malte und Jan-Philipp, die vor zwei Jahren die Messlatte mit ihrer Michael Jackson Nummer ziemlich hoch gelegt haben. Letztes Jahr folgte ein weiterer MJ-Song, diesmal ist Madonnas "Vogue" dran. Und während sie sich in den letzten Jahren mehrheitlich in ihrer Küche aufhielten, wirkt das diesjährige Video deutlich professioneller, was dem Ganzen aber leider auch ein kleines bisschen den Charme nimmt.
Trotzdem immer noch schön. Hier sind sie:






Montag, 19. Dezember 2011

The Vaccines (Support: Trailer Trash Tracys), Postbahnhof, Berlin,18.12.2011

"Immer mitten in die Fresse rein", sangen Die Ärzte auf "Planet Punk" 1995, und das nahmen sich The Vaccines gestern im Postbahnhof musikalisch zu Herzen.
SAM_0024Bevor die vier Londoner die kleine Bühne in der nicht ganz ausverkauften Halle betraten, mussten wir noch das knapp 30minütige Set ihres Supports Trailer Trash Tracys überstehen. Himmel, ein so gelungener und vielversprechender Bandname, und dann diese recht uninspiriert wirkende Melange aus immer gleich klingendem Geschrammel und möchtegern-hypnotischem Gesang von Frontfrau, der stark an Julee Cruise und dem damaligen "Twin Peaks"-Soundtrack erinnerte, nur halt eben mit erwähntem Geschrammel. Nun hatten - das muss man fairerweise hinzufügen - die Trailer Trash Tracys wirklich Pech mit dem Sound, die hübsche Sängerin Suzanne Aztoria war teilweise kaum zu hören, was aber vermutlich auch nicht so schlimm war, da sie die meiste Zeit sowieso nur scheinbar whooooohoooo ins Mikro flötete. Naja. Not my cup of tea, wie der Brite sagt. Trotzdem werde ich mal in deren Songs reinhören, um ein Gefühl dafür zu kriegen, wie das klingt, wenn der Sound nicht so schlecht ist.
Aber dann kurz nach 21.00 Uhr kamen die Vaccines auf die Bühne und legten mit "Blow It Up" auch gleich richtig los. Mal abgesehen davon, dass die Londoner dieses Jahr eines der wenigen Alben auf den Markt geschmissen haben, welches von Anfang bis Ende ohne Ausnahme (für mich) funktioniert, mag ich an ihren Songs insbesondere den Umstand, dass sie in der Regel so schön knackig kurz sind. Im Schnitt zweieinhalb Minuten unglamouröser Rock mit leichten Anleihen bei den Ramones und anderen Urgesteinen der Rock- und Punkgeschichte.
Tja, dies plus die Tatsache, dass die Jungs erst ein Album draußen haben, ergibt natürlich auch ein relativ kurzes Set. Gerade mal 60 Minuten rockten sie die Halle, das aber gekonnt und mit viel Spaß. Sie spielten ihr komplettes Album durch sowie einen neuen Titel "Teenage Icon", der ebenfalls gut in die Beine ging. Justin Youngs Stimme überzeugt live, manchmal erinnert er mich irgendwie ein wenig an Interpols Paul Banks, und insgesamt kann man ihr Set nur als höchst tanzbar bezeichnen. Sehr gemischtes Publikum übrigens, alle Altersgruppen, das macht die ganze Sache auch immer etwas entspannter.
Trotzdem ein komisches Gefühl, schon um halb elf abends wieder zuhause zu sitzen *lach*, das kenn ich sonst anders.

Setlist:
Blow It Up, Wreckin' Bar (Ra Ra Ra), Tiger Blood, A Lack Of Understanding, Wetsuit, Teenage Icon, Post Break-Up Sex, Under Your Thumb, All in White, Wolf Pack, Awkward, If You Wanna, Family Friend
Zugaben:
We're Happening, Nørgaard
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Samstag, 10. Dezember 2011

Bryan Ferry, 08.12.2011, Admiralspalast, Berlin

bryan ferryHier muss ich vielleicht kurz erwähnen, dass ich Bryan Ferry schon als Kind ziemlich klasse fand in den 80er Jahren. Roxy Music habe ich natürlich nicht mehr selbst erlebt, sondern die Musik nachgeholt. Und mir hat vor allem seine Stimme immer sehr gefallen. Ich würde nicht behaupten, dass ich jeden Titel mag, aber im Großen und Ganzen habe ich einen ziemlichen Respekt vor dem Mann. Dementsprechend hab ich gedacht, hey, der ist Mitte 60, so viele Möglichkeiten, ihn mal live zu sehen, wird es nicht mehr geben.
Am Donnerstag gings dann in den Admiralspalast. Ich hatte einen Sitzplatz ausgewählt aus Rücksichtnahme auf meine Begleitung. Normalerweise überhaupt kein Problem, womit ich jedoch nicht gerechnet hatte, war die Tatsache, dass wirklich alle Leute in meiner Umgebung bis zum Schluss sitzen bleiben würden und ich daher nicht aufstehen konnte bzw. dies erst zum Ende hin ging. Und ich bin einfach kein Konzertsitzer, das kann ich nicht, das führte auch dazu, dass ich erst relativ spät "aufgetaut" bin. Dazu kam auch, dass ich das Gefühl hatte, eine Zeitreise angetreten zu sein. Bei einem Blick aufs Publikum kam ich mir diesmal vor wie ein Küken, von oben bot sich irgendwie ein Yuppie-Bild. Hätte Phil Collins gespielt, hätte ich Patrick Bateman ("American Psycho") unter den Zuschauern erwartet, was natürlich voll gemein ist von mir, aber diese unglaubliche Ansammlung an Anzugträgern war für mich doch etwas irritierend. Unterstützt wurde dieser Eindruck von der Show. Im Hintergrund der Bühne gab es eine riesige Leinwand, auf die ununterbrochen die größten Kitschvideos (von Ballerinas über Sterne etc.) projiziert wurden plus die beiden Hupfdohlen, die auf dem hinteren Teil der Bühne tänzerische Verrenkungen darboten, die zwischen Stripdance und Kunst hin- und herwechselten. Ich weiß nicht, ich war in den 80ern nicht in Konzerten, da zu jung, aber so hätte ich mir das damals vorgestellt.
Dabei hat die Musik überzeugt. Vielleicht ein wenig schwierig zusammengestellt in der Setlist, da erst die letzte Dreiviertelstunde so richtig Gas gegeben wurde, was mich dann schlussendlich auch überzeugt hat, grundsätzlich eine absolut fantastische Band (vor allen Dingen die beiden Gitarristen und die Saxophonistin), und Ferry hat es noch richtig drauf: tolle Livestimme und ein "Tanzstil", der ihn locker die knapp zwei Stunden durchhalten ließ.
Aber ich gebe zu, dass ich mir schon ein wenig fehl am Platze vorkam. Die unsagbar unbequemen Sitze im Admiralspalast möchte ich übrigens auch noch erwähnen, dass ich mit meinen 1,58 cm Länge nicht weiß, wohin mit meinen Beinen, ist schon übel *lach*.

Ich stimme selten mit der Berliner Morgenpost überein, was Konzerreviews anbetrifft, aber hier kann ich mal guten Gewissens auf deren Rezension verweisen. Ich hatte keine Kamera dabei, also diesmal weder Foto noch Video. Und die Setlist könnte ich im Nachhinein auch nicht wieder geben.