Donnerstag, 31. Dezember 2009

Rückblick 2009: Dezember - Musik

Die Musik im Dezember war und ist für mich immer noch geprägt von dem absolut perfekten Konzert der Them Crooked Vultures in der Berliner Columbiahalle, an das ich mich vermutlich auch noch in Jahren erinnern und zu den besten Liveerlebnissen überhaupt zählen werde. Dank WDR Rockpalast habe ich mich in der Zwischenzeit davon überzeugen können, dass die Band einen Tag später in Köln zwar auch toll aufgespielt hat, wir Berliner aber die bessere Atmosphäre boten, ein bisschen Lokalpatriotismus muss sein. Das Kölner Konzert sollte auf der Rockpalast-Seite noch bis Anfang Januar als Livestream abrufbar sein, da könnt ihr ja gerne mal reinschauen.
Rage Against The Machine haben es geschafft: Anfang Dezember starteten ihre Fans einen Aufruf über Facebook, nach dem man ihren 17 Jahre alten Song "Killing in the Name of", der nach wie vor aktuell ist, kaufen/downloaden sollte, um zu vermeiden, dass ein neuer Castinggewinner (Joe McElderry, X-Factor) mit einem 08/15 Song die Weihnachtscharts anführt. Wer sich ein bisschen mit britischer Popmusik auskennt, weiß, dass jeweils in den Wochen vor Weihnachten ein echter Wettbewerb stattfindet, wer am Weihnachtswochenende die Nr.1 ist (zur Hilfe auch bitte mal "Tatsächlich Liebe" gucken *lol*). 900.000x wurde das Stück geladen und setzte sich ganz knapp vor McElderry an die Spitze, der die Band jedoch in der Woche drauf toppte. Nun munkelt man was von Verschwörung und abgekartertes Spiel, weil beide Acts - RATM und McElderry - bei Sony unter Vertrag sind und die sich sicher über die PR für ihre Schützlinge massiv gefreut haben.
John Frusciante steigt aus den Red Hot Chili Peppers aus, eigentlich schon letztes Jahr, nur im Dezember wurde dies erst öffentlich. Der Grund dafür seien keine Streitigkeiten, er habe einfach andere musikalische Interessen - das wäre nun sein zweiter RHCP-Ausstieg.
Gene Simmons hat sich wohl geärgert, dass die Verkäufe des im Herbst erschienenen KISS-Albums "Sonic Boom" nicht gerade die Welt ins Wanken brachte, daher tat er sich mal wieder mit dem hervor, was er am besten kann: Angabe und dicke Hose. Nach eigenen Berechnungen glaubt der Mann mit 4.600 Frauen geschlafen zu haben, dagegen sind die Strichlisten des Grafs von Monte Christo ein Witz. Tja, der God of Thunder halt :)
Jetzt ein Punkt, den ich vielleicht unter "Sonstiges" in den gestrigen Rückblick hätte reinpacken müssen, denn eigentlich kann man das wohl kaum der Kategorie Musik zuordnen: die aktuelle Popstars-Staffel auf Pro7 hatte auch ein Gewinnerduo. Die beiden können zwar nicht singen, wurden von der Jury aber hochgelobt und von vielen kleinen Kindern, denen man kein Handy in die Hand geben dürfte, zum Siegerpaar erkoren. Bürgerlich heißen sie Leo und Vanessa. Doch die Jury hatte eine ganz tolle Idee und verpasste den armen Hascherln den "Bandnamen" Some & Any. Wer da Some und wer Any ist, mag munter drauf los geraten werden. Man könnte fast Mitleid bekommen.
Billy Corgan & Jessica Simpson?? *LACH* Ohne Worte.

Nach diesem ganzen Gossip kann man sich aber nun getrost den Veröffentlichungen des letzten Monats 2009 zuwenden. 30 Seconds to Mars brachten ihre neue Platte "This is War" heraus, nun finde ich deren Musik auf Dauer etwas anstrengend und hab daher auch nicht reingehört. Interessant finde ich aber die Tatsache, dass auf den unterschiedlichen Covern zur CD ihre Hardcore-Fans zu sehen sind... Und ich kenne da eine ganz oberflächlich, das ist schon nett...
Nick Oliveri (Ex-Basser QOTSA, Kyuss, heute Dwarves) brachte ein neues Soloalbum heraus, ich mag seine Musik zwar, bin aber einfach kein Fan von Acoustic-Sachen, daran konnten damals auch Nirvana oder später die Foo Fighters nichts ändern.

Zwei sehr gute bis geniale Filme boten in diesem Dezember fantastische Soundtracks:

wildthings_ostDie Frontfrau der Yeah Yeah Yeahs, Karen O, schnappte sich ein paar Kinder und spielte als Karen & the Kids einige märchenhafte Songs ein, welche die phantasievolle Atmosphäre von Spike Jonzes "Where The Wild Things Are" noch unterstützen und die einem noch lange nach Genuss des Films in den Ohren klingen. Professionelle Hilfe lieh sie sich noch bei Dean Fertita, Bradford Cox und anderen. Bei Musik, die extra für einen Film komponiert wurden, ist es nicht selten der Fall, dass sie losgelöst von den Bildern nicht funktionieren. Nicht so bei diesem Soundtrack. Die Titel bestechen allesamt durch eine Wärme, Leichtigkeit und diese feine Melancholie, die auch im Film zu spüren war, dass man sich völlig ergeben zurücklehnt und nur noch lauscht. Dabei sind die Klänge, wie ich finde, auch wirklich kinderaffin und dazu moderner als Rolf Zuckowski & Co. Anspieltipps kann man gar nicht geben, weil man das Album in Gänze hören sollte. Ich füge hier aber mal einen Link zu Titel 2 "All is Love" ein, den man sich bei Last FM anhören kann. Ihr müsst schon zugeben, dass man zu dieser Musik am liebsten auf seinem Bett rumspringen möchte!

Soul Kitchen OSTFatih Akin machte es sich bei dem Soundtrack zu "Soul Kitchen" etwas einfacher, hierfür wurden nicht extra Songs komponiert, sondern er griff einfach zu und vereinte das Who is Who internationaler Soul-Stars zur musikalischen Untermalung seines Films.  Größen wie Curtis Mayfield, Kool & the Gang, Quincy Jones etc. aber auch hierzulande eher unbekannte Musiker wie die Olympians (ein herrlicher, griechischer Popowackel-Song) oder Lokomondo (griechisches Chilling), türkische Klänge und dazu Jan Delay und Hans Albers als Hamburger Vertreter. Nun mag ich griechische und türkische Musik sowieso ganz gerne und in der Mischung mit 70/80ies amerikanischem Soul sowieso. Allen Titeln sind zwei Dinge gemeinsam: sie versprühen unbedingte gute Laune und gehen in die Beine. Im Gegensatz zu Karen & the Kids braucht man gar nicht erst zu überlegen, ob die Musik ohne die Bilder funktioniert, hier bieten sich Vergleiche zu Tarantino-Soundtracks an, die zwar eher andere Musikgenres unterbringen, aber der Effekt ist der gleiche: nämlich Musik zu entdecken, die man so vorher noch nicht gehört hat. Hier ein Link zu dem etwas rockigeren Titel "Sing Song Girl" von Er France (Last FM). Es lohnt sich wirklich, in dieses Album mal reinzuhören.

gainsbourg-irmAber nicht nur die Soundtracks dieses Monats waren erwähnenswert. Es bedurfte doch tatsächlich eines "heute-journal"-Beitrages, dass ich erfuhr, dass die sehr talentierte Actrice Charlotte Gainsbourg - wie ihre Mutter Jane Birkin - auch Musik macht. Und die Soundschnipsel, die ich in diesem ansonsten schlecht recherchierten Beitrag hörte, klangen richtig gut, also Album gekauft und *pling* ein weiteres musikalisches Highlight des Jahres erhalten. "IRM" ist mittlerweile ihre dritte Scheibe, wenn ich bei Amazon richtig gezählt habe.  Die älteren kenne ich nicht und kann daher keine Vergleiche anstreben. "IRM" wurde von Beck Hansen produziert, und das ist selbst für Laien unüberhörbar. Der Titel des Albums bezeichnet einen Kernspintomographen und spiegelt ihre Erfahrungen wieder, die sie nach einer 6monatigen Krankengeschichte nach einem Wasserski-Unfall gemacht hat. Das pochende, chaotische Geräusch des IRM wollte sie mit Beck in Musik umsetzen, und ich denke, das ist ihr auch gut gelungen. Der Eröffnungstitel "Master's Hands" klingt nahezu beängstigend. Track 2 "IRM" dagegen regelrecht trotzig. "Le Chat Du Café Des Artistes" ist ein modern geratener Chanson mit leicht unheilsschwangerem Unterton. Bei "Heaven Can Wait" - der ersten Singleauskopplung - singt sie mit Beck im Duett, eine 60ies-lastige Nummer, leicht Hippie angehaucht, gefällig aber nicht beliebig. Ihre zarte, ungemein mädchenhafte Stimme passt sich perfekt in dieses von Beck zelebrierte Percussion-Universum ein. Sie sing fast unmotiviert, man könnte auch "trällern" schreiben, doch das würde ihr Unrecht tun, denn ihr Gesang hat große Ausdruckskraft. Mein Liebling auf dem Album ist ja "Trick Pony", wer da reinhören will, schaut mal in ihrem Liveauftritt hier. Für Freunde gut gemachter Popmusik jenseits der Charts sei "IRM" hiermit wärmstens empfohlen.

Und das wars. Mein Rückblick 2009 ist beendet - und was mach ich jetzt?

Montag, 28. Dezember 2009

Rückblick 2009: November - Musik

Im November wird sich wohl so mancher Leser gefragt haben, was plötzlich auf meinem Blog los ist und wo die ganzen Konzertberichte herkommen. Dabei fing das alles ganz harmlos Ende Oktober mit Muse an. Die Karten für The Gossip und natürlich Them Crooked Vultures waren auch schon gesichert, da galt vor allem zunächst Vorfreude. Muse weckten in mir wieder die Freude an Live-Musik, so dass schnell noch die Karte für die Arctic Monkeys folgte. Und während ich noch so überlegte, ob ich mich am 05. November zum Mini-U2-Konzert ans Brandenburger Tor aufmachen sollte, welches im Rahmen der MTV European Music Awards stattfinden sollte, ratterte in meinem Browser in der Twitbin-Leiste plötzlich die Info durch, dass die Foo Fighters - ebenfalls anlässlich ihres Besuches bei den MTV Awards in Berlin - ein Überraschungskonzert spielen würden. Auf kleiner Bühne im kuscheligen Postbahnhof (auch als Fritz-Club bekannt) und für Ami-Rockband Verhältnisse fast geschenkten 30€. Das wars mir wert, abends an der einzigen Konzertkasse, die die (goldenen!) Karten vertickte, ewig in der nassen Kälte anzustehen. Die Show am 04.11. war dann auch einfach nur klasse, meine mich begleitende Kollegin ist nun Foo Fighters süchtig und die geschlagenen zwei Stunden, die wir berockt wurden, bildeten einen schönen Mitschnitt aus allen bekannten Foo Songs.
Vier Tage später ging es dann in die Arena zum Arctic Monkeys-Konzert, welches mich auch beeindruckt zurückließ, wenn ich auch ihren Support - die von mir sehr geliebten Eagles of Death Metal - spaßiger fand. Dann fand ich eine gute Entschuldigung für ein weiteres Konzert im November, nämlich den Geburtstag meiner Schwester, welche Billy Talent sehr mag. Prompt also Karte und mich als Begleitung verschenkt, so dass ich am 23.11. Zeuge wurde, wie Sänger Benjamin Kowalewicz Gefahr lief, noch live auf der Bühne von Gargamel eingesammelt zu werden. Nein, ein schönes Konzert, das mich von ihrer Musik echt überzeugt hat.
Den Vogel haben jedoch The Gossip im November abgeschossen, die eine absolut fantastische Show boten, mit einer Sängerin, die schon Halsschmerzen hatte, aber dennoch den ganzen Abend lang mit ihrer Traumstimme und ihrem Temperament die Leute unterhalten hat. Kann jedem nur raten, zum nächsten The Gossip Konzert zu gehen!
Also, tolle Musik, gute Stimmung, heftiges Mitsingen (inkl. Halsschmerzen hinterher) - was braucht man mehr? Hätte ich vorher im Lotto gewonnen, hätte es sicherlich auch noch Berichte zu Kasabian, Franz Ferdinand und Julian Plenti zu lesen gegeben, aber ich muss wohl kaum erwähnen, dass Tickets teuer sind.

Platten kamen natürlich auch raus im November. Robbie Williams brachte sein Comeback-Album "Reality Killed The Video Star" heraus - wie schon die Vorabsingle "Bodies" zeigte sich ein gealterter Robbie, und zwar nicht im positiven Sinne. Robbie Williams scheint jetzt schon die Musik machen zu wollen, zu der sich Phil Collins oder Elton John in ihren 50ern entschieden haben. Das ist schon ziemlich schade. Jetzt warte ich nur noch auf die endgültige Take That-Reunion, dann kann ich Robbie als interessanten Künstler endgültig abhaken. Snow Patrol brachten ebenfalls ein neues Album raus, aber auch bei ihnen macht sich allmählich Beliebigkeit breit, spannend ist das, was die Band bietet, nicht mehr wirklich.
Rammsteins Album "Liebe ist für alle da" wurde von der Prüfstelle indiziert, verantwortlich ist Ursula von der Leyen, die vor allem den Song "Ich tu dir weh" nebst Artwork in seiner S/M Darstellung für jugendgefährdend hält. Nun, Indizierungen waren nie ein Grund dafür, dass sich Alben nicht verkaufen, Rammstein hatten nach ihrem Pornovideo zu "Pussy" somit wieder ein paar weitere Provokationsschlagzeilen. Mich hat ja eher andere Musik interessiert:

biffyclyroBiffy Clyro brachten ihr mittlerweile fünftes Album raus. Die schottischen Rocker fielen mir das erste Mal vor knapp zwei Jahren als Support der Queens Of The Stone Age auf. Damals kaufte ich mir im Anschluss "Puzzle" mit dem Hammersong "Who's Got A Match" (und anderen natürlich). In ihre älteren Scheiben habe ich in der Zwischenzeit reingehört und kann nachvollziehen, warum Fans der ersten Stunde sich allmählich enttäuscht abwenden. Ihre Musik ist fraglos mainstreamiger geworden und hat einiges an Ecken und Kanten verloren. Waren ihren Songs zuvor etwas experimenteller und sperriger, so sind sie heute am besten als schnörkellos zu bezeichnen. Das muss aber nicht schlecht sein, wie "Only Revolutions" zeigt. Trockene Rocksongs mit guten Lyrics, dazu eingängige Melodien mit Ohrwurmcharakter und Refrains, die man nach zweimaligem Hören mitsingen kann. Dabei sollte man nicht unbedingt den Eröffnungssong "Captain" als Anspieler auswählen, denn dieser ist ungewohnt schwach für die Schotten und wirkt so unentschieden. Fängt an wie ein Fußball Hooligan Song, um dann einfach nur beliebig zu wirken. Aber "Mountains", "Booooom, Blast & Ruin" sind gute Vertreter trockenen aber massenkompatiblen Rocksounds. "The Golden Rule" hat zu Beginn fast Stonerrock-Charakter, um dann 1A an die Foo Fighters zu erinnern (und einen Tick James Bond Theme im letzten Drittel *g*). Überhaupt habe ich bei diesem Album häufig an die Foos denken müssen, d.h. an ihre Anfänge mit Alben wie "The Colour And The Shape". Wer also mit den Foos was anfangen kann, müsste eigentlich auch diese Biffy Clyro Scheibe mögen. Bei "Bubbles" hat Josh Homme mitgespielt, okay, das hätte ich jetzt aber nicht von selbst gemerkt, sondern habe das nachgelesen. "God & Satan" ist eine richtig schöne ruhige Songwriter-Nummer mit einem sehr hörenswerten Text. "Born On A Horse" ist mittlerweile einer meiner Lieblingstitel, rhythmische Popperle, bei der man automatisch mitwippt und die gute Laune versprüht. "Mountains" danach wirkt tatsächlich wie die perfekte Fortsetzung von "Born On A Horse", darf aber mit dem besseren Refrain aufwarten. Alles in allem ein gutes Album.

Sweethead1Ein bisschen spät habe ich erfahren, dass QOTSA (u.a.) Gitarrist Troy van Leeuwen schon im vergangenen Jahr mit der befreundeten Sängerin Serrina Sims sowie seinen Kumpels aus der Mark Lanegan Band Norm Block und Eddie Nappi die Band Sweethead gegründet hat. Die erste EP gabs in diesem Sommer mit der Single "Great Disruptors", die auch auf dem selbstbetitelten Album, welches im November erschien, eines meiner Lieblingstitel ist. Während Josh Homme leichte Probleme hat, in anderen Bandprojekten den QOTSA-Musikstil nicht durchzusetzen, erinnert bei dem Sweethead-Debüt kaum etwas an die große "Hauptband", sieht man mal von van Leeuwens Gitarrenkönnen ab. Beim ersten Hören habe ich mich noch leicht gewundert, warum Musiker, die es sich ganz offensichlich leisten können, ein perfekt produziertes Album abzuliefern, sich mit der teilweise recht schrammeligen Produktion, die eher an eine kleinere Garagenband erinnert, zufrieden geben. Mittlerweile weiß ich genau das zu schätzen. Sweethead klingen nicht wie The Next Big Thing aus dem QOTSA-Universum, sondern haben ein solides Rockalbum abgeliefert mit etlichen Popanleihen. Benannt haben sie sich nach einer B-Seite David Bowies, doch die heraushörbaren Einflüsse liegen bei einigen Titeln eher bei den Pretenders, ohne dass Serrina Sims eine ähnlich nervige Stimme hätte wie Chrissie Hynde. Nein, Sims klingt wie eine gute Mischung aus Brody Dalle, Courtney Love und PJ Harvey - und dafür, dass sie noch relativ frisch auf der Bühne steht, interpretiert sie die Songs recht selbstbewusst, als hätte sie seit Jahren nichts anderes gemacht. Neben dem groovenden "The Great Disruptors" überzeugt vor allem das wunderschöne, ruhige "Amazing Vanishing Contest", an dem wirklich alles stimmt. Der Opener "The Sting" ist ein trockener Rocker, "Turned Our Backs" lädt zum Pogen und Mitsingen ein, "P.I.G." braucht ein paar Durchläufe, ich mochte ihn erst, nachdem ich ihn live gehört habe. "Running Out" ist wieder sehr poppig geraten und lädt eher zum Zuhören, denn zum Rocken ein. Ansonsten würde ich noch "Other Side" als Anspieltipp empfehlen, bei dem Sims geradezu croont und der Refrain einen regelrecht ins Schwelgen bringt. Dagegen rockt "A.W.O.L." wieder garagenmäßig los. Auch ein guter Livesong im Übrigen. "The Last Evening" bildet dann den sehr ruhigen und melodischen Abschluss mit eingängigen Gitarrenparts und einer Serrina Sims, die mich da ein wenig an Juliette Lewis erinnert.
Sicherlich nicht perfekt, da ist definitiv Luft nach oben, aber man darf gespannt sein, was Sweethead noch so auf die Beine stellen. Mir gefällts bisher.

TCVJa, das verwundert jetzt niemanden oder? Natürlich darf in einem musikalischen Novemberrückblick das heiß ersehnte, selbstbetitelte Album von Them Crooked Vultures nicht fehlen. Ich hatte selten vor einer Veröffentlichung so undefinierte Erwartungen, soll heißen: ich erwartete keinen bestimmten Sound, sondern fühlte mich für alles offen, was da von den Herren Homme, Jones und Grohl kommen würde. So war ich beim ersten Anhören tatsächlich etwas irritiert: worauf habe ich eigentlich gewartet, wenn die Songs doch irgendwie alle klingen wie die QOTSA-Alben oder die Desert Sessions? Was ja nun per se nicht schlecht wäre, schließlich liebe ich diese Art von Musik. Aber wie so häufig täuschte der erste Eindruck. Natürlich hat Josh Homme dem Sound seinen Stempel aufgedrückt. Wer aber genau hinhört, kann die Einflüsse von Dave Grohl und John Paul Jones deutlich heraushören. Was mich am meisten an diesem Album fasziniert ist die Wucht der Songs, die klingen, als würden die Musiker auf Teufel komm raus drauf loshämmern, bei Anfängern kann sowas furchtbar schief gehen. Doch die drei sind einfach richtige Könner, Vollblutmusiker, die ihre Instrumente völlig beherrschen und somit ihre brachialen Rhythmen mit eleganten Melodien und raffinierten Arrangements verbinden. Hätte ich von keinem dieser Musiker vorher irgendetwas gehört, der Aha-Effekt beim zweiten Durchlauf des Albums wäre wie bei der ersten Muse-Platte, der ersten Nirvana-Scheibe oder eben der ersten QOTSA-Scheibe, das Gefühl, dass da jemand alle richtigen Knöpfe bei mir drückt und Musik spielt, die wie für meinen Geschmack gemacht zu sein scheint. Dabei ist dieses Album bisweilen sperrig, und einige Titel funktionieren live besser als auf dem Silberling. Ich gehe die einzelnen Titel mal durch:
Der Opener "Nobody Loves Me And Neither Do I" hat mich live im Dezember völlig umgepustet. Auch auf Platte ist das ein verdammt toller Einstiegssong. Der erste Teil ist ein staubtrockener Bluesrock, im letzten Drittel wird einem dann das Testosteron um die Ohren gehauen. Andere finden R'n'B sexy, ich das hier, insbesondere wenn ich den Bass im Bauch spüre!
"Mind Eraser No Chaser" habe ich einer Freundin und Foo Fighters Fan auf meine Jahresend-CD gebrannt, ich dachte, damit könnte sie bestimmt am ehesten leben, denn Dave Grohls Backgroundgesang und die Foo Breaks machen auch jeden Foo Fighters Fan glücklich, nett ist dann auch das Finale mit Tuba/Posaunen Klängen. "New Fang" gabs vorab als kostenlosen Download, Josh Homme singt hier klasse mit nem richtigen guten Flow, der Song lädt zum Tanzen ein, die leicht schräg-quietschenden Gitarren im Hintergrund machen Spaß. "Dead End Friends" ist für mich noch am ehesten auf diesem Album ein QOTSA-Song, der locker auf die "Songs For The Deaf" gepasst hätte, staubtrockender Sound, etwas sperriger, Hommes weiche Stimme konterkariert die Gitarrenriffs, und Bass/Drums bilden einen fetten Klangteppich. "Elephants" hat ganz zu Anfang sowas Aerosmith-mäßiges (also von früher mal...), aber wenn man unbedingt will, kann man auch ein bisschen Led Zeppelin Geschichte raushören. Wenn nach einer knappen Minute das Tempo rausgenommen wird und sich Herr Homme dann irgendwann bemüßigt fühlt, seinen Gesang beizusteuern, wird daraus ein leicht psychedelisch angehauchtes Stück, welches dann mit einer fast schon Stone Temple Pilots-artigen Bridge punktet. Ein knapp siebenminütiges Hammerstück, welches unterstreicht, was Homme im Visions-Interview gesagt hat: "Wir spielen so, wie andere es nicht können", das ist leider wahr, soviel Perfektion gepaart mit Spaß bringen sonst höchstens noch Muse oder Interpol. Dann wieder eine tanzbare Uptempo-Nummer mit "Scumbag-Blues", beim Live-Konzert habe ich diesen Effekte-Bass gesehen, mit dem John Paul Jones hier spielt - unglaublich groovend, die Drums hämmern im Hintergrund, und die Gitarre driftet in eine völlig andere Richtung, aber irgendwie passt doch alles zusammen. "Bandoliers" weckt anfangs Assoziationen an die Doors, traumhafte Gitarre, vermutlich das poppigste Stück auf dem Album. Bei "Reptiles" wollte man glaube ich mit aller Macht daran erinnern, dass sie ein ehemaliges Led Zeppelin-Mitglied an Bord haben - nicht nur ich habe da Anleihen aus "Kashmir" herausgehört, Hommes schrägste und beste Mikrophonarbeit bisher, eine Mischung aus hoch und tief, flüsternd, sprechend, grummelnd. Live ein Wahnsinnsstück, auf der Platte empfinde ich es auf Dauer als etwas anstrengend. "Interlude With The Ludes" ist so ein bisschen der Elvis auf Hawaii-Titel der Them Crooked Vultures, wahnsinnig schräg und ganz sicherlich nicht jedermanns Geschmack. Ich persönlich finde es witzig. Dieses Interlude ist allerdings auch wichtig, bevor es mit dem knapp 8minütigem "Warsaw or the First Breath You Take After You Give Up" wieder in die düsteren Gefilde geht, spätestens hier spürt man den tiefen Bass in allen Körperteilen. Langsam stampft dieses Monster vor sich hin, unterbrochen von einem melodiösen Tempowechsel, bis der Song ab der vierten Minute plötzlich im Laufe des Gitarrensolos ein irres Tempo aufnimmt, bis man unweigerlich anfängt, glücklich vor sich hin zu grinsen. Die letzten zwei Minuten wirken wie eine entspannte Jamsession, und als Hörer spürt man, dass sich da ein Team gebildet hat, das eine ähnliche Vorstellung von Musik teilt und in dem die Chemie zweifellos stimmt. "Caligulove" wartet mit einem fantastischen Orgelsolo von John Paul Jones auf, der Sound klingt etwas hallig, beim Refrain fragt man sich, ob Josh Homme vor hat, Barry Gibb stimmlich übertrumpfen zu wollen, und Taktgeber Grohl drischt den Titel munter voran. "Gunman" ist schlicht und einfach nur geil, vielleicht weil er so einen Touch Trent Reznor light in sich trägt, oder nein, "Hell Cat" von den Scorpions (ganz ganz früher Song) klingt hier in dem Rhythmus mit, dazu ordentlicher Harmoniegesang. Bei dem Rhythmus muss man sich einfach bewegen, da kann man nicht still sitzen. Hervorragende sieben Minuten zum Schluss bietet dann "Spinning in Daffodils" - bei dem Piano-Anfang dachte ich zunächst an sowas wie "Estranged" oder so von Guns'n'Roses, aber diese Assoziation schwindet natürlich bei dem ersten Auftauchen von Drums und Gitarre. Sphärische Klänge, Walzerrythmus, und schräge Laute, die klingen, als sei man im Warteraum zur Hölle angekommen und wartet, dass seine Nummer aufgerufen würde. Ein perfekter Abschluss. Neben Muse, Julian Plenti und The Gossip mit eines der besten Alben dieses Jahres, daran können auch die Veröffentlichungen im Dezember nichts ändern.

Links zum Eintrag
Schniefnase für Dave
Foo Fighters Konzert am 04.11.09
Arctic Monkeys Konzert am 08.11.09
Billy Talent Konzert am 23.11.09
The Gossip Konzert am 26.11.09
Rammstein Indizierung (SZ)

Sonntag, 27. Dezember 2009

Rückblick 2009: Oktober - Musik

So, was gabs an Musik im Oktober? Eigentlich gar nicht so sehr viel Besonderes, eher ein Durchatmen vor den sehr musikalischen letzten beiden Monaten des Jahres.
Für mich persönlich gilt der Oktober eher als Startschuss für meine Konzerteaufholjagd. Nachdem seit März und den Eagles of Death Metal nicht viel in Sachen Konzerte bei mir passiert ist, war aber klar, dass ich als beinharter Muse-Fan den Berliner Auftritt in der O2-World nicht verpassen würde. Im Nachhinein bin ich immer noch begeistert von dem Bühnenaufbau und davon, dass es der Band gelungen ist, trotz der Weitläufigkeit dieser großen Halle eine gewisse intime Atmosphäre zu versprühen. Dennoch bin ich immer noch neidisch auf die Fans, die Muse im Berliner Admiralspalast genießen durften *grrr*. Ein ziemlich tolles Konzert, welches mich auch wieder auf den Geschmack gebracht hat, so dass ich mich nicht nur auf The Gossip im November und Them Crooked Vultures im Dezember, sondern auch noch dazwischen auf die Foo Fighters, Arctic Monkeys und Billy Talent gefreut habe. Wenn meine private Kasse es erlaubt hätte, dann hätte ich auch Kasabian, Biffy Clyro und Julian Plenti nicht verpasst, aber das wäre halt einfach zu teuer geworden.
Tja, Yello, Kiss, Air, Bela B brachten neue Alben raus, die mich allesamt nicht angesprochen haben. Auf das Editors Album "In This Light And On This Evening" hatte ich große Hoffnungen gesetzt, weil mir die Single "Papillon" extrem gut gefiel, war dann aber enttäuscht von der gesamten CD, die mich irgendwie an die Depeche Mode Nachmacher Camouflage erinnerten, die ich vor zwanzig Jahren schon nicht mochte. Auch das neue Album der von mir sonst gemochten The Raveonettes "In And Out Of Control" hat mich nicht vom Hocker gerissen. Von Miike Snow und Mumford & Sons habe ich erst Mitte Dezember jeweils einen Titel gehört und werde mich jetzt demnächst mal an ihre Oktober-Alben heranwagen.
Und naja, die Foo Fighters Greatest Hits war insofern uninteressant, als dass ich ja jede bisherige Veröffentlichung von ihnen besitze.
Robbie Williams läutete bereits im September sein Comeback mit der Single "Bodies" ein und gab im Oktober einige kleine Konzerte - u.a. ein sogenanntes "Geheimkonzert" (BILD) in Berlin vor der Max-Schmeling-Halle. Geheim blieb dieses natürlich nicht lange, Robbie spielte ein paar Songs, die Ausschnitte, die hinterher im Netz zu sehen waren, fand ich eher langweilig. Anfang November sollte sein Comeback-Album rauskommen, dazu dann im Nov-Rückblick mehr.
Die posthume Vermarktung Michael Jacksons ging weiter und gipfelte in "This is it" - dem Film, der Jackos Konzertvorbereitungen in Ausschnitten zeigt, und für den Menschen weltweit stundenlang vor den Kinos anstanden, um ihr Idol noch ein letztes Mal zu sehen. Ich habe ihn mir nicht angesehen, nun war ich auch nie ein großer MJ-Fan, aber diese Ausbeutung dieser tragischen Figur des Musikbusiness wollte ich auch nicht weiter unterstützen.

Da mich also im Oktober musikalisch nur sehr wenig angesprochen, erwähne ich hier mal meinen Lieblingstitel aus der TV-Werbung, die im Oktober so über den Bildschirm flimmerte - und das war ganz klar Grizzly Bear mit "Two Weeks" aus der Peugeot-Werbung, selten genug, dass ich nicht nur nicht wegzappe, sondern hinterher noch "recherchiere" zu welchem Titel da gerade ein Auto präsentiert wurde :)





Mittwoch, 23. Dezember 2009

Rückblick 2009: September - Musik

Was gabs im September aus der Musikwelt zu verkünden? Rammstein sorgten erneut für Provokation, in dem sie ihre Vorabsingle "Pussy" aus dem im November erscheinenden neuen Album "Liebe ist für alle da" mit einem Hardcorepornovideo unterlegten, welches man sich nur auf einem Erotik-Portal in ganzer Länge angucken konnte (ab 18J.). Ich persönlich fands dämlich und unnötig, aber die Meinungen hierzu scheinen auseinander zu gehen.
Im Juli und August habe ich vor lauter Fantasy Filmfest Euphorie völlig eine der wichtigsten musikalischen Neuigkeiten verpennt: John Paul Jones (LedZeppelin), Dave Grohl (Foo Fighters) und Josh Homme (Queens of the Stone Age) bilden die Them Crooked Vultures. Erste Shows in den USA gab es bereits im August. Noch gab es keine Single, kein Video, kein Album, doch der Hype und der Erwartungsdruck waren hoch. Mein Konzertticket für Anfang Dezember hatte ich bereits Ende September in der Tasche, ohne zu wissen, was mich da an Musik erwarten würde. Dazu dann in den Rückblicken zu November und Dezember mehr.
Ebenfalls verschlafen habe ich die Nachricht, dass auch ein weiteres Mitglied der QOTSA ein neues Projekt am Start hat, nämlich Troy van Leeuwen mit Sweethead. Eine erste EP kam im Juli raus, die ich dann im September entdeckt habe und schon recht gut fand. Das Album dazu gabs im November.

Meine Alben im September:

museEine meiner absoluten Lieblingsbands überhaupt brachte ihr neues Album raus: Muse mit "The Resistance". Sicherlich eine der besten Scheiben des Jahres. Die erste Single "Uprising" ist immer noch eines meiner absoluten Favoriten, tolle Harmonien, ein Ohrwurmrefrain und ein trockenes Gitarrensolo dazwischen.
Während auf dem Vorgänger "Black Holes und Revelations" aus dem Jahr 2006 nur mein Lieblingstitel "Knights of Cydonia" echte Ähnlichkeiten zu Queen aufwies, ist die musikalische Nähe Matt Bellamys und Co. zu den Rockkünstlern um Freddie Mercury schon deutlich spürbarer, wenn nicht gar unüberhörbar, beispielsweise bei "United States of Eurasia", in dem Muse es auch noch schaffen, ein bisschen Chopin einzuarbeiten. Aber nicht nur Queen werden munter zitiert, auch ABBA trifft es bei "Unnatural Selection" kurzzeitig (dieser Song beinhaltet übrigens auch einen 1A Scorpions Riff *lach*). Bei aller Zitaterei behalten sie jedoch immer ihren ureigenen Sound aus treibenden Gitarren, Bellamys Falsett-Gesang, welchen andere vielleicht als Jammern bezeichnen mögen, Melodien, die mal hierhin mal dorthin springen und dabei komischerweise einen Titel nie sperrig wirken lassen. Dazu echte Talente in der Rhythm-Section mit Dominic Howard an den Drums und Christopher Wolstenholme am Bass. "I Belong To You" strotzt dazu nur so vor Ironie, ein Uptempo-Titel, der sich eigentlich über die typischen Liebessongs lustig macht, man achte auf dieses alberne Klarinettensolo. Bei "MK Ultra" geht es schon wesentlich heftiger zur Sache, aber nicht weniger bombastisch als bei den anderen Titeln.
Davon mal abgesehen scheinen Muse sich immer mehr der klassischen Komposition zuzuwenden. Schon früher waren einzelne Titel kleine Symphonien in sich, auf "Resistance" findet sich nun eine dreiteilige, orchestrale Viertelstunde "Exogenesis - Part 1-3", die man am besten losgelöst vom restlichen Album hören sollte, damit sie ihre wahre Wirkung entfalten kann. Was die Herren da zusammenspielen und komponiert haben, ist ein absoluter Traum, der im Übrigen Klassik- wie auch Rockfans anspricht. Muse haben es sich mit diesem Album nicht einfach gemacht, haben eine Richtung eingeschlagen, mit der möglicherweise nicht jeder Fan der ersten Stunde mitgehen kann. Aber mit "The Resistance" haben sie sich meiner Meinung nach in die oberste Riege mit Bands wie Queen oder Led Zeppelin gespielt. Ein Wahnsinnsalbum!

missplatnumDann entdeckte ich durch Zufall die Musik von Miss Platnum, der aus Timisoara, Rumänien, stammenden Neu-Berlinerin mit bürgerlichem Namen Ruth Maria Renner. Auf ihrem mittlerweile dritten Album "The Sweetest Hangover" vereint sie Balkanklänge mit aktueller Popmusik und R'n'B, überzeugt dabei mit einer schönen Stimme, hörenswerten Texten und perfekt arrangierten Melodien, die einen kruden Mix aus irgendwie allen möglichen Instrumenten beinhalten. Schon Seeed und Peter Fox solo haben mit ihr zusammengearbeitet, das passt auch ganz gut, da es den Künstlern generell um die Verschmelzung unterschiedlicher Musikstile geht. "I'm broke" z.B. könnte auch locker auf eine Seeed-Platte passen, ob es daran liegt, dass sie sich deren Cold Steel-Drummer ausgeliehen hat? Und die Berlinerin hat sich nicht nur  Balkan-Trompeter an die Seite geholt, sondern versüßt auch mit Punjab-Anleihen in "Bollywood Movie" das Gehör, während die veritable Hitsingle "She moved in" jedem R'n'B Künstler gut zu Gesicht stünde.
Nicht jeder Song auf "Sweetest Hangover" ist große Kunst, aber dass Miss Platnum es schafft, nicht mal ein Cover von Kate Bushs Klassiker "Babooshka" zu versauen, dafür muss man schon Respekt zollen. Ansonsten bietet sich das Album auch als Soundtrack zur nächsten Party an. Titel wie "Why did you do it", "Cumpletely Happy" oder dem herrlichen "Drink Sister Drink" sind richtige Spaßsongs und natürlich tanzbar. "Where did you go boy" besticht durch seinen "Mörder"text und den dramatisch rausgehauenen Refrain. Damit wären die Anspieltipps auch schon genannt, ein wirklich feines Popalbum!

Montag, 21. Dezember 2009

Rückblick 2009: August- Musik

Puh, der August hatte es musikalisch in sich. Dabei will ich gar nicht behaupten, dass die unten aufgeführten Alben zu den Besten überhaupt zählen, aber sie sind es in jedem Fall wert, erwähnt zu werden.

arctic monkeysDie Arctic Monkeys brachten mit "Humbug" ihr drittes Studioalbum heraus. Vorab war schon lang und breit zu lesen, dass Josh Homme sich den jungen Engländern angenommen und ihren Drittling produziert hat. Das hört man allerdings auch heraus - einige Stücke tragen einen Hauch QOTSA in sich (z.B. "My Propeller"), trotzdem blieben die Monkeys sich treu. Ich bin ehrlich: ihre letzten beiden Alben mag ich grundsätzlich lieber, finde sie tanzbarer und rockiger. So habe ich einige Hördurchläufe gebraucht, bis ich auch "Humbug" zu meinen Jahresfavoriten zählen konnte, welches eindeutig ruhiger daher kommt und oftmals mehr die Stimme von Alex Turner im Vordergrund steht, die ich bei früheren Songs eher als eine Art weiteres Instrument wahrgenommen habe. Außerdem lässt sich feststellen, dass Turners Songwriting sich noch weiter verbessert hat, weiterhin sind es Alltagsbeobachtungen mit einer unweigerlich komischen Note, so dass man häufig schmunzelt, wenn man den Texten lauscht, etwa bei "Cornerstone" - wenn der Ärmste in allen möglichen Frauen seine Verflossene zu sehen glaubt und eine Abfuhr erhält, wenn er das Mädchen fragt, ob er sie beim Namen seiner Ex ansprechen kann - und das ist nicht mal das beste Beispiel. Abgesehen davon finde ich immer noch, dass "Cornerstone" anfangs so klingt, als würde Robbie Williams singen. "Crying Lightning"  geht da schon ein bisschen mehr ab. "Dance Little Liar" beinhaltet wieder eine gesunde Portion Surfpop und schafft beim Zuhörer eine relaxte Spannung, da spürt man irgendwie den Sommerabend. "Dangerous Animals" ist eine perfekte Symbiose aus dem typischen Arctic Monkeys Klang plus Josh Homme Produktion, könnte mir vorstellen, dass so ein Titel es auch auf die Desert Sessions geschafft hätte, den Song mag ich richtig gerne. "Fire And The Thud" hat etwas tierisch Doors-mäßiges finde ich,  trotz der sperrigen Bridge ein sehr eingängiger Sound, der mich erst nach mehrmaligem Hören angesprochen hat. Ich mag Alex Turners sanften Gesang bei dem Titel. "Pretty Visitors" steht sehr in der Tradition von "Favorite Worst Nightmares" - ist vermutlich auch daher der Song, der mich zuallererst am meisten angesprochen hat und nach wie vor einer meiner absoluten Favoriten auf dem Album. "The Jeweller's Hands" wäre dann die Soundperle am Ende, wenn man an dem Punkt angelangt ist, dass man sich wünscht, da käme noch viel mehr. "Humbug" ist sicherlich mein Album des Monats.

mastersofreality
Chris Goss, Mastermind der Masters of Reality bringt alle paar Jahre ganz relaxt ein neues Album raus - und jedes Mal bin ich hin und weg, so auch bei "Pine/Cross Dover". Der Mann, der gerne als Urvater des Stonerrocks bezeichnet wird, hats einfach noch richtig drauf. Mit Musikern wie Dave Catching, John Leamy, Mark Christian und Brendan McNichol hat er ein ziemlich pumpendes, grooviges Album eingespielt, welches insbesondere in seinen Instrumental-Passagen überzeugt. Eigentlich etwas, worauf ich normalerweise gar nicht so stehe, hier aber echt auf den Geschmack gekommen bin. Gleich der Opener "King Richard TLH" macht Laune, treibende Gitarrenriffs, ein teilweise fast schon choralhafter Gesang, da kommt man gleich in die richtige Stimmung. Mit "Absinthe Jim and me" kommt dann ein Vertreter des Stonerrocks zu Gehör, in dem Goss einen mit seinem hypnotischen Gesang einlullt, da fühlt man sich ein bisschen wie ein potentielles Opfer der Schlange Ka. Und irgendwie bekomme ich bei dem Titel so ein Livegefühl, kann mir vorstellen, wie das Stück live abgehen muss. "Worm in the Silk" fängt richtiggehend funkig an, geht in eine Art dub-bass über und klingt insgesamt eher experimentell - insbesondere das eingearbeitete Cover dieses Easy Listening-Titels ist der Hammer, passt so gar nicht und dann auch wieder doch. "Always" finde ich tatsächlich noch schwieriger, klingt mitunter völlig atonal - und trotzdem fesselnd. "Up in it" klingt genauso wie das was man von jemandem erwartet, der Kyuss und das erste QOTSA Album produziert hat. "Alfafa" - der Schlusstitel - ist dann ein gutes Beispiel dafür, wie gut instrumentale Rockmusik klingen kann und schlägt auch mit 12 Minuten üppig zu Buche, fast ein kleines Album für sich.  So gut wie "Deep in the Hole" - oder eher: so eingängig wie... - ist "Pine/Cross Dover" sicherlich nicht, aber es lohnt sich, reinzuhören.

juliette lewis

Juliette Lewis verabschiedete sich mit "Terra Incognita" plötzlich vom rotzigen Schweinerock ihrer früheren Alben (und von den Licks) und versuchte mal etwas anderes, experimenteller, sperriger, aber auch ausdrucksstärker und kraftvoller (mit den New Romantics). Sie dehnt ihre Stimme in alle Richtungen, so dass man sich manchmal an Patti Smith und dann wieder an PJ Harvey erinnert fühlt. Da gefällt sicherlich nicht jeder Song, aber der Opener "Noche Sin Fin" ist schon ziemlich besonders und gelungen, und vor allem sehr gefühlvoll. "Hard Lovin' Woman" hätte auch einer Janis Joplin gut zu Gesicht gestanden, und Lewis macht da stimmlich das Allerbeste draus. Sie singt einfach glaubwürdig. "Fantasy Bar" ist eine Uptempo Rocknummer, die ich mir als Single auch gut vorstellen könnte. "Romeo" fängt etwas sphärisch an, und ab der Mitte denke ich irgendwie immer an den großartigen Kathyrn Bigelow Film "Strange Days" und könnte mir den Titel noch im Nachhinein als Teil des Soundtracks vorstellen. Bei diesem Film ist mir damals auch das erste Mal Juliette Lewis Gesang aufgefallen, mit dem sie auch bei "All is for good" punkten kann. Spätestens bei dem Titel hab ich nachgeschaut, wer das Album produziert hat und wunderte mich dann auch nicht mehr, als ich den Namen Omar Rodriguez-Lopez las. Ohne Frage hört man die Handschrift des The Mars Volta-Masterminds heraus. Ich finde nach diesem Album kann man nicht mehr verleugnen, dass Miss Lewis eine verdammt talentierte Musikerin ist, auch wenn oder weil "Terra Incognita" sicherlich keine leichte Kost ist.

jandelayJan Delay veröffentlichte mit "Wir Kinder vom Bahnhof Soul" sein zweites Soloalbum. Auch wenn ich seine näselnde, nölige Stimme bisweilen schwierig finde - der Mann hat ohne Frage den Soul im Blut. Seine Vorbilder sind klar herauszuhören, doch nie wirken seine Titel wie die Kopien eines blassen Nordlichts, welcher mal "funky" sein möchte. Titel wie "Oh Jonny", "Überdosis Fremdscham" oder "Abschlussball" (mit herrlichem Falco-Sample) gehen einfach in die Beine. "Hoffnung" könnte eine wirklich wunderschöne Ballade sein, leider ist gerade bei diesem Titel Jan Delays Stimme im Weg und man wünscht ihm eine Polypen-OP. Das ist gemein, ich weiß, aber ich finds halt schade, weil an dem Song sonst alles stimmt: Text, Melodie und Stimmung. "B-Boys & Disko-Girls" gehört ohne Frage zu meinen Lieblingstiteln auf dem Album.
Delay orientiert sich insbesondere an den Soul der 70er Jahre, tanzbar, spaßig und musikalisch raffiniert. Da können sich einige der jetzigen US-Soul"Stars" ein Scheibchen von abschneiden.

finefrenzyAußer den oben beschriebenen Platten brachte auch A Fine Frenzy mit "Bomb In A Birdcage" ihren Nachfolger raus, der erneut mit schönen folkpoppigen Melodien glänzt und von der Stimme Alison Sudols profitiert, die ihre Titel sehr einfühlsam interpretiert und somit für wohlige Stimmung beim Zuhörer sorgt. Anspieltipps: "New Heights", "Electric Twist" und "Elements". Als jahrelanger Hörer von Emilliana Torrini finde ich ja deren diesjähriges Album relativ schwach und stelle fest, dass A FineFrenzy momentan die bessere Alternative für zauberhaften Frauenpop ist.






In Sachen Musik also ein abwechslungsreicher Monat!

O.Children - Dead Disco Dancer...

Noch so ein Titel, der in diesem Jahr komplett an mir vorbeigegangen ist, dabei ist der so cool. Diese Stimme von Sänger Tobias O'Kandi ist der absolute Hammer. Bis jetzt scheint noch kein Album dieser britisch-französischen Formation draußen zu sein, aber danach werde ich wohl Ausschau halten.

Donnerstag, 17. Dezember 2009

Rückblick 2009: Juli - Musik

Hier der zweite Teil des Juli Rückblicks, in dem es hauptsächlich um Musik geht.

Michael Jackson beherrschte immer noch die Medien, unveröffentlichte Songs tauchten auf, ein angeblicher weiterer Sohn. Wer weiß, was uns da noch alles blüht. In 20 Jahren lese ich die Autobiografie von Prince Michael. Den Sorgerechtsprozess gewinnt im Übrigen die Oma.
Nach der erneuten Pleite in Sachen Eurovision Song Contest und anfänglichen Überlegungen, künftig in Kooperation mit Stefan Raab nach dem nächsten Teilnehmersong zu suchen, bestätigten sich diese im Juli. Noch war unklar, wie genau man die Sache angehen und planen wollte. Klar war nur, dass ARD und Pro7 kooperieren - ein Novum der deutschen Fernsehgeschichte.
Ich glaube im Juli wars, als ich mich endgültig mit dem Phänomen Lady GaGa beschäftigt habe, die ich anfangs als "nur eine weitere Hupfdohle" mit provokativen Outfits und elektronisch nachgebesserter Stimme gehalten habe. Dann sah ich auf YouTube einen Live-Auftritt von ihr und musste eingestehen: die Frau hat eine geile Stimme. Danach achtete ich mehr auf ihre Texte und wurde dann angefixt von ihrer Konsequenz, was ihr Auftreten anbetrifft. Ihr Debütalbum besitze ich mittlerweile - und wenn auch nicht jeder Song meinen Geschmack trifft, sehe ich es allmählich zwingend an der Zeit, dass Madonna sich leise als Korsagentragende Möchtegern-Provokation von der Bildfläche verabschiedet, zumal ihre Musik immer beliebiger wird, und Lady GaGa künftig das Zepter der Pop-Queen schwingt.
Im Juli gab es zwei CD-Veröffentlichungen, die es mir besonders angetan haben:

billytalentLustigerweise also das dritte Album von Billy Talent. Die kanadische Band hat mich zuvor nicht besonders begeistert oder interessiert, die Songs fand ich eher anstrengend. Entweder hat sich in der Zwischenzeit mein Musikempfinden geändert, oder die Titel sind tatsächlich besser geworden. Denn nach The Gossips "Music For Men" ist "Billy Talent III" die zweite Scheibe, die mir von Anfang bis Ende gefällt, ohne dass ich zwischendurch entnervt weiterskippe. Nach wie vor sind mir die Billys einen kleinen Tick zu dramatisch, man hat bei jedem zweiten Song das Gefühl, es ginge in den Liedern um Leben und Tod, Pathos, große Gefühle - ein bisschen musicalesque (gibts das Wort?) bisweilen. Zudem finde ich die Stimme von Sänger Benjamin Kowalewicz ebenfalls gewöhnungsbedürftig. Ich schrieb an anderer Stelle bereits, dass man bei ihm das Gefühl hat, er würde sich vorher ne Dröhnung Helium reinziehen, besonders live (dazu im November-Rückblick mehr) klingt er wie ein Schlumpf. Aber trotzdem ist dieses dritte Album richtig klasse, macht Spaß und rockt. Und müsste ich meine Lieblingstitel aufzählen, würde ich locker die halbe Tracklist benennen. Sicherlich ist "Saint Veronica" einer meiner Favoriten, extrem dramatisch aufgepeitschte Strophen und im letzten Drittel eine schöne Gitarren-Kreisch-Kombination. "Devil On My Shoulder" und "Tears Into Wine" sind gute uptempo Mitsing-Songs, und "Diamond On A Landmine" hat einen tollen Refrain, der mich an einen anderen Titel erinnert, welcher mir natürlich nicht mehr einfällt. Klingt auf jeden Fall irgendwie bekannt. "White Sparrows" war eigentlich der Grund für mich, die Platte zu kaufen, nur um dann zwischen den anderen Titeln unterzugehen. Wobei er allerdings - herausgelöst von der Tracklist - in meinen iPod Playlisten wieder funktioniert. Lediglich "Rusted From The Rain" finde ich mittlerweile langweilig. Nun bin ich auch nach Album III nicht unbedingt zum Billy Talent Hardcorefan geworden, aber auf 'nem guten Weg...

julian plentiIch bin erklärtermaßen ein Fan von Interpol. Ihre teils melancholischen, teils hoffnungsvollen Songs und ihre musikalischen Fähigkeiten bringen mich jedes Mal wieder zum Schwärmen. Paul Banks Stimme, mit hohem Wiedererkennungswert gesegnet, tut da ihr Übriges. Und da wäre es doch dieses Jahr glatt komplett an mir vorbeigegangen, dass Banks unter dem Pseudonym Julian Plenti sein erstes Soloalbum veröffentlicht hat, ein Dank an dieser Stelle an meine freundliche Kollegin mit gutem Musikgeschmack. Beinahe hätte ich eines der schönsten Alben des Jahres verpasst. "Julian Plenti is Skyscraper" ist eine vornehmlich ruhige Platte, der sonore Bariton von Banks und seine Klangwelten versetzen mich sofort in eine entspannte Stimmung. Natürlich können Ähnlichkeiten mit Interpols Sound nicht vermieden werden, aber man merkt schon sehr, dass es ein persönliches Album ist. Vielleicht sogar ein wenig unnahbar und kryptisch, er lässt den Zuhörer eher beiläufig an seinem Gefühlsleben teilhaben, wie ein halblautes Flüstern, dass man nur teilweise versteht. Insofern ist "...Skyscraper" unbedingt Musik zum konzentrierten Anhören, nichts für nebenbei oder als Hintergrundrauschen, man muss sich schon auf die Titel und die damit vorgeschriebene Ruhe einlassen können. Dann erlebt man mit "Girl On The Sporting News", "Games For Days", "Unwind" oder dem an Simon & Garfunkel erinnernden "On The Esplanade" einige echte Song- und Soundperlen!

Sonntag, 13. Dezember 2009

Rückblick 2009: Juni - Musik

Wie schon angekündigt war der Juni ein wohlklingender Monat, wenn auch die Singlecharts von den Daniel Schumachers, Ashley Tisdales und Miley Cyruses dieser Welt bevölkert wurden. Aber ein paar ziemlich gute Alben haben das Licht der Welt erblickt, so dass es mir schwer fällt, eine davon besonders herauszustellen. Sonic Youth brachten nach dreijähriger Abwesenheit ein neues Album heraus - "Eternal". Ohne auch nur reinzuhören, war es für mich Pflicht, dieses sofort zu kaufen, nur um dann enttäuscht festzustellen, dass ich mit ihrer Musik irgendwie nichts mehr anfangen kann. Mir wars zu sperrig, und über Noiserock scheine ich nun endgültig hinweg zu sein.

kasabianGleich zu Beginn des Juni veröffentlichten Kasabian ihr drittes Studioalbum "The West Ryder Pauper Lunatic Asylum". Der Titel wurde der ersten psychiatrischen Klinik für Arme Großbritanniens in Stanley, West Yorkshire, entnommen.
Der Ordnung halber sollte ich hinzufügen, dass ich von der Veröffentlichung der Scheibe erst viel später etwas mitbekommen habe, aber erschienen ist das Teil nunmal im Juni, insofern gehörts auch zu den Platten des Monats Juni. Kasabian haben es ja irgendwie auf Dauer geschafft, Indie zu bleiben und trotzdem Scheiben herauszubringen, auf denen sich immer wieder Songs befinden, die den Massengeschmack treffen können. Beispielsweise "Where Did All The Love Go?" - einer meiner Favoriten - hat eine solche Ohrwurmmelodie, dass es schwer ist, den Titel zu vergessen, wenn man ihn nur einmal gehört hat. Die Bandbreite an Sounds, Samples und Instrumenten, die bei Kasabian zum Einsatz kommen, sorgen dafür, dass jeder Song auf dem Album unterschiedlich klingt. Besagter "Where Did ..." wirkt zur Mitte hin, als hätten da arabische Klänge Einzug gehalten. "Underdog" ist ein 1A Rocksong mit eingängiger Musik und simplen aber effektiven Gitarrenriffs. "Fast Fuse" klingt nach richtig schmutzigem Garagenrock mit Sixties-Einflüssen, "Take Aim" braucht seine Zeit, bis er richtig wirkt, besitzt aber so einen Breitwandeffekt, dass man sich fragt, für welchen Film er wohl als Score herhalten würden. Der Gesang von Tom Meighan klingt gelangweilt, passt aber zu der Mischung aus Rock, Elektro und Italo-Western Style. Italowestern-Klänge hört man überhaupt des öfteren auf diesem Album, so auch bei "West Ryder Silver Bullet" (ft. Rosario Dawson), der zu Anfang auch locker von Calexico hätte stammen können. Doch auch fette Beatles-Anleihen wie beispielsweise bei "Thick As Thieves", welcher irgendwie auch noch Surfpop unterbringen kann, gehören zum Kasabian-Repertoire. Damit wären die Anspieltipps genannt, "The West Ryder Pauper Lunatic Asylum" gehört definitiv zu den Alben des Jahres 2009!

thegossipDie Monatsmitte wurde versüßt mit "Music for Men" von The Gossip. Und das kann man wörtlich nehmen. "MfM" ist eines der wenigen Alben 2009, welches mich sofort beim ersten Mal hören komplett gefesselt und überzeugt hat. Ich hatte noch eine vage Erinnerung an Gossips Vorgängeralbum "Standing In The Way of Control" und wusste, dass mir vor allem der damalige Titelsong gut gefallen hat, hatte aber bei der neuen CD nicht mit so einem Aha-Effekt gerechnet. Auch im späteren direkten Vergleich der beiden Alben lässt sich nur feststellen, dass sich The Gossip enorm weiterentwickelt haben. In den Medien lag das Hauptaugenmerk auf Beth Ditto, die mit ihrer Rubensfigur und dem Lesbenbekenntnis zu einer Art Gallionsfigur für Dicke und Lesben mutierte und wo es besonders erwähnenswert war, dass Karl Lagerfeld sie zu seiner Muse ernannte und sie mit Kate Moss um die Häuser zog. Nun ja. Dabei geriet fast in Vergessenheit, dass Beth Ditto mitsamt ihrer Band verdammt musikalisch ist und die Dame über eine fantastische Stimme verfügt. Darüber hinaus ist dieses von Rick Rubin produzierte Album so vielfältig. Der bluesige Einstieg mit "Dimestore Diamond" hat außer Dittos Stimme so gut wie nichts mit der tanzbaren Hitsingle "Heavy Cross" gemeinsam. "Four Letter Words" wird von einem Klangteppich unterlegt, der an Depeche Modes "It's No Good" erinnert, "2012" erinnert an Blondie und einen Tick Pat Benatar, "8th Wonder" dagegen ist wieder punkrockig, da gehen Drums und Bass so richtig schön in Bauch und Beine. "Love Long Distance" gehört zu den schwächeren Songs des Album, wenn dies auch Jammern auf hohem Niveau ist, ich mag da letztlich nur den Refrain nicht wirklich, wobei mir allerdings der Text hierzu sehr gut gefällt. "Pop Goes The World" ist elektrolastiger und ein reiner Gute Laune-Song. "Vertical Rhythm" orientiert sich offenbar an das "Knight Rider"-Theme, jedoch wirkt es nicht wie ein billiger Abklatsch, sondern durchaus eigenständig und punktet mit einem energiegeladenen Refrain. In "For Keeps"  zeigt Ditto, wie hoch sie mit ihrer Stimme kommt und dass sie wirklich enorm gefühlvoll singen kann. Ich liebe diesen Song. Mit "Spare Me From The World" nimmt das Album dann ein extrem punkiges Ende. Insgesamt zeigen The Gossip auf "Men In Love" ihre ganze Bandbreite an musikalischem Können und werden es sicher schwer haben, dieses Ergebnis mit dem Nachfolger zu toppen. Und live überzeugen sie übrigens auch.

spinneretteEnde Juni dann kam die dritte Hammerplatte des Monats heraus: Spinnerettes selbstbetiteltes Debüt. Spinnerette ist das Nachfolgeprojekt von Distillers Frontfrau Brody Dalle. Nun mag man mir nachsagen, dass mir sowieso jeder musikalische Pups aus dem QOTSA-Josh Homme-Umfeld gefällt, doch ich glaube, ich kann da noch differenzieren. Die Distillers mochte ich zuvor schon richtig gerne, vor allem eben besonders Brody Dalles Stimme und ihre Art zu interpretieren, die man häufig nicht mit singen bescheiben kann. Nach ihrer Familiengründung mit Homme hatte ich schon die Befürchtung, so gar nichts mehr von ihr zu hören, bis die ersten Soundschnipsel von Spinnerette auftauchten. Die Vorabsingle "Baptized by Fire" hat mich etwas unschlüssig zurückgelassen - was waren das plötzlich für Electrosounds? Auch mit dem Album habe ich mich zunächst schwer getan, "Ghetto Love" und "Sex Bomb" kristallisierten sich schnell als Favoriten heraus, während ich den Rest recht sperrig fand. Bei "Ghetto Love" überzeugte mich die Tanzbarkeit, Dalles Gesang und der Hauch QOTSA-Gitarrensound, der da mitschwingt. "Sex Bomb" dagegen ist einfach so dermaßen bekloppt, dass man diesen schrägen Titel mögen muss. "All Babes Are Wolves" verfügt über einen richtig treibenden Beat, ein kleiner schmutziger Rocker, der dann auch wieder an die Distillers erinnert und Menschen glücklich macht, die schreiende Rockerinnen mögen. "Cupid" singt Dalle fast hypnotisch, während im Hintergrund Jack Irons massiv auf die Drums einschlägt, ein Widerspruch, der sich tief in den Gehörgang festsetzt. Mit "Geeking" kann ich dann nicht so viel anfangen, da will der Funke nicht überspringen. Und plötzlich - im Zusammenhang mit den anderen Titeln - hörte ich "Baptized By Fire" wie zum ersten Mal. Der Titel passt wie die Faust aufs Auge in dieses Album, und auch die Elektrobeats stören nicht mehr. Ich mag es, wie mit den jeweiligen Strophen der hymnenartige Refrain aufgebaut wird. Ein klasse Song. Bei "A Spectral Suspension" klingt Dalle fast sanft, um dann in einen rockigen Höhepunkt abzudriften, erneut mit leichten QOTSA-Anleihen. Hier macht sich übrigens auch bemerkbar, dass mit Jack Irons, Alain Johannes und Tony Bevilacqua Klassemusiker an Bord sind, die die Tempiwechsel der Songs gut rüberbringen. "Driving Song" ist auch genau das, würde ich noch Auto fahren, käme der  ohne Frage in meine Driving Playlist *g*. "Rebellious Palpitations" geht wieder treibend nach vorne und hätte auch auf "Coral Fang" erscheinen können. Und "The Walking Dead" ist einfach nur ein Traum von Song. Das Intro - ich nehme an von Alain Johannes gespielt, passt zu seinem Stil - winkt den Zuhörer rein in einen unglaublich entspannten tanzbaren Titel, an dem wirklich alles stimmt: Musik, Stimme, Text. Wenn mich Titel wie "Geeking", "Impaler" oder "Distorting A Code" auch  nicht völlig überzeugen konnten, bietet das Spinnerette-Debüt doch eine Vielzahl wirklich guter bis perfekter Songs, die von meinem iPod nicht mehr wegzudenken sind.

Samstag, 12. Dezember 2009

Rückblick 2009: Mai

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Einer meiner Lieblingsheader, bin immer noch glücklich, dass ich dieses tolle Prinzessin Leia-Bild gefunden habe, welches sich auch für Graphik-Anfänger super einarbeiten ließ. Der Mai ließ sich wieder positiver an, meine langohrigen Mitbewohner lebten sich gut ein und haben binnen kurzer Zeit meine Wohnung gekapert, in der ich seither nur noch Gast bin.
Blogtechnisch hatte ich im Mai zwei Neuzugänge, nämlich "Skywalker", der auch  mehrheitlich über Filme bloggt und die Teilzeitberlinerin - meine Schwester - die hier zwar keinen Blog hat, aber als angemeldete Userin einfach besser kommentieren kann. An dieser Stelle sei mal erwähnt, dass ich es blöd finde, dass nicht-registrierten Usern das Kommentieren über den Sicherheitscode so schwer gemacht wird, zumal die Spammer sowieso offenbar immer ein offenes Türchen finden.

Sah der April in Bezug auf Filme noch etwas mau aus, sollten sich im Mai die allerschlimmsten Befürchtungen in totale Euphorie verwandeln - denn JJ Abrams' "Star Trek" kam als Reboot ins Kino, altbekannte Helden mit neuen Darstellern. Ich hatte regelrecht Angst, als ich in die Preview ging und hab mich dann nach 5 Minuten in diese Neuauflage verliebt, kann es kaum erwarten, dass dieses alte neue Team uns erneut in den Weltraum mitnimmt. Was also den Spaß anbetrifft, wäre "Star Trek" mein Film des Monats, wenn da nicht noch ein zweiteiliger Biopic über den französischen Gangster Jacques Mesrine gewesen wäre. Eine phänomenale Inszenierung von Jean-François Riche, ein unglaublicher Vincent Cassel in der Hauptrolle - und auch ansonsten wurde bei beiden Filmen "Public Enemy Nr. 1: Mordinstinkt" und "...:Todestrieb" absolut alles richtig gemacht. Man fühlte sich an französische Gangsterklassiker mit Lino Ventura oder Alain Delon erinnert, ein bestimmtes Flair, welches in den 60 und 70er Jahren nur französische Thriller hatten. Absolut empfehlenswert. Im Übrigen gilt dies auch für das französiche Drama "Tage oder Stunden" mit Albert Dupontel in der Hauptrolle - oder dem eher seltsam anmutenden "Ricky" von François Ozon über ein fliegendes Baby. "Der Junge im gestreiften Pyjama" - eine Geschichte über zwei Kinder, die durch den Zaun eines KZs voneinander getrennt sind - der eine ist der Sohn des KZ-Kommandanten, der andere ein jüdischer Gefangener - ging mir sehr nahe. Gegen solche Produktionen konnten "Crank 2", "Illuminati", "Duplicity oder auch "Fanboys" (Preview, der offizielle Start war später) nicht viel ausrichten, sie blieben irgendwie im guten Mittelmaß hängen, während "The Last House On The Left" enttäuschte. Und über "Dragonball" sollte man sowieso den Mantel des Schweigens hüllen.
Eine tolle Neuigkeit in Sachen Film gab es im Mai noch: Nämlich der immer überragende Christoph Waltz wurde in Cannes für seine Leistung in Quentin Tarantinos "Inglourious Basterds" ausgezeichnet - mehr als verdient. Selbiges gilt für den Darstellerpreis an Charlotte Gainsbourg für "Antichrist" . Michael Hanekes "Das weiße Band" erhielt die Goldene Palme.

Im TV musste ich mich bei "Primeval" damit abfinden, dass Nick Cutter (Douglas Henshall) nicht wiederkommt, der neue Kopf der Forschertruppe Danny, gespielt von Jason Flemyng, passt aber gut ins Team und kann ein wenig über den Verlust hinwegtrösten. Bei RTL entschied sich endlich die sechste "DSDS"-Staffel, Weichei Daniel Schumacher gewann nur hauchdünn vor Whitney Houston-Möchtegern Kopie Sarah Kreuz. Die ARD zeigt über Pfingsten die BBC-Verfilmungen (drei an der Zahl) von Henning Mankells "Wallander" mit dem von mir sowieso sehr gemochten, hier aber wieder eindrucksvoll aufspielenden Kenneth Branagh in der Titelrolle. Wer die Filme damals verpasst hat, sollte unbedingt mal nach den DVDs schauen, für mich die besten Wallander-Verfilmungen bisher. Stefan Raab spielte bei Pro7 das erste Mal Eisfußball - oder wie auch immer man dieses Geschliddere nannte. RTL erregte mit "Erwachsen auf Probe" mal wieder die Gemüter, und zwar schon vor der Ausstrahlung im Juni, da Frau von Leyen ein Verbot dieser Serie und das Handeln des Medienrates einforderte.
In Pro7s unerträglichem "Germany's Next Topmodel"-Casting gewann Sara Nuru. Die Finalshow war mal wieder so dermaßen aufgebläht, dass man sich fragte, wann die Zuschauer endlich streiken würden und sich die 1000te Wiederholung bereits gezeigter Szenen aus den vorherigen Shows nicht mehr antun. Aber sie lassen sich's weiterhin gefallen.

Musikalisch hätte der Mai ein ganz dunkler Monat werden können, wenn man sich nur vom Eurovision Song Contest leiten ließe, dabei war das ESC-Finale tatsächlich einer der besseren Shows im Vergleich zu früheren Jahren. Viel schlimmer waren die beiden Halbfinale, in denen die Spreu vom Weizen getrennt wurde und man sich fassungslos fragte: ist das wirklich die Art von Musik, die wir Europäer hören? Gewonnen hat den ESC ein weißrussisch-norwegischer Strahlemann mit einem nervtötendem Song, den ich seither glücklicherweise verdrängt habe: Alexander Rybak mit "Fairytale". Wie zu erwarten schnitten Alex Christensen und Oscar Loya mit ihrem "Miss Kiss Kiss Bang" unberauschend ab: Platz 20 für Deutschland. Da hats auch nichts genutzt, dass Dita van Teese sich unmotiviert auf der Bühne geräkelt hat.
Im Frühjahr verging kein Monat ohne neue Joaquin Phoenix-News, mittlerweile ist es ja etwas ruhiger geworden. Im Mai startete ein Web-Aufruf seitens Casey Affleck mit der Bitte, dass alle, die einem Phoenix-Auftritt beiwohnten und diesen gefilmt hätten, doch bitte ihre Amateurvideos einschicken sollten.
Im Gegensatz zum März und April hatte mein iPod im Mai wieder etwas mehr zu tun. Neue Alben von Eminem - "Relapse"- und den Manic Street Preachers - "Journal for Plague Lovers" - erschienen, die mir beide auf ihre Art und Weise sehr gut gefallen. Meine CD des Monats war jedoch eine andere, nämlich *tusch*

greendayGreen Day mit "21st Century Breakdown"
Da haben's die alten Punk-Recken den jungen nochmal gezeigt. "Peacemaker" ist mein ultimativer Liebling - bei dem ich das Gefühl habe, der Takt würde immer schneller gehen, dabei hab ich dann auch festgestellt, dass ich mit diesem Titel auf den Ohren aus unerfindlichen Gründen die U-und S-Bahn Treppen Berlins schneller hoch- und runterlaufe *g*. "Viva la Gloria" ist auch ein Traum, der Refrain zwar geklaut, aber das Teil wird im Laufe der dreieinhalb Minuten richtig schwungvoll. Ähnliches gilt auch für "Viva la Gloria (Little Girl)" - unglaublich melodischer Titel.  Bei "Before the Lobotomy" hab ich mich gefragt, wer zur Hölle das singt, das Intro klang so anders als Billy Joe Armstrongs Stimme. Nach dem Intro gehts dann aber gewohnt rockig zur Sache. "Last Night on Earth" hat so einen leichten Weihnachtsappeal und ist einfach so richtig schön schmalzig und kitschig. Was fürs Herz halt, braucht man ja auch mal zwischen den ganzen Gitarren... Etwas später gibt's noch "Restless Heart Syndrome" - auch so ein unaufgeregter, melodischer, ruhiger Song, bei dem man die Augen schließen und nur noch die Musik genießen will. "Murder City" macht mit den simplen aber effektiven Riffs wieder richtig Spaß und gehört zu den Songs, die ich gerne richtig laut höre. "21 Guns" klingt irgendwie nach einem alten Tremeloes-Klassiker o.ä., ich komm noch drauf, woran mich die Melodie erinnert. Außer "Know Your Enemy" ist auf der CD eigentlich kein Titel vertreten, den ich genervt weiterskippe, bei KYE auch nur, weil ich das letzte Drittel nur langweilig finde. Green Day haben sich über die Jahre zu richtig guten Musikern entwickelt, und Armstrongs Stimme scheint auch immer besser zu werden. Und bei den mitreißenden, Stadionrock artigen Songs vergisst man gerne mal, auf die Texte zu hören und singt sie eher unbedacht mit. Dabei haben Green Day durchaus etwas zu sagen.

Sonstiges

Barbara Rudnik - eine der besseren deutschen Schauspielerinnen, verstarb im Alter von nur 50 Jahren, und die großartige Monica Bleibtreu wurde nur 65.
Das Ende der Berliner Luftbrücke jährt sich zum 60. Mal. Noch einmal wird von einem alten Rosinenbomber und dessen 88jährigen Piloten Gail Halvorsen Schokolade über dem Flughafen Tempelhof abgeworfen.
Eine 66jährige Engländerin wird dank künstlicher Befruchtung erstmals Mutter. Das nenne ich Egoismus pur und bemitleide ihren Sohn schon jetzt.
Weitere Kinder saufen sich ins Koma, in allen Diskussionen rund ums Thema weiß jeder, wie das vermieden werden kann, doch nichts passiert.
Endlich wird auch in Berlin der jahrelange Broadway-Erfolg von "The Producers" aufgeführt, ein Musical, in dem über Hitler abgelacht werden darf. Warum hat das so lange gedauert?

Die Links zum Eintrag
Der Junge im gestreiften Pyjama
Public Enemy Nr. 1: Mordinstinkt
Public Enemy Nr. 1: Todestrieb
X-Men Origins: Wolverine
Duplicity
Star Trek
Fanboys
The Last House On The Left
Dragonball
Tage oder Stunden
Ricky
Illuminati
Crank 2: High Voltage
Wallander
ESC Halbfinale
ESC Finale
Joaquin Phoenix Rap-Doku

Donnerstag, 10. Dezember 2009

Rückblick 2009: April

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Ein schwieriger Monat. Ende März musste ich den Tod meines Kaninchens Sukie wegstecken. Was mir schwer fiel, fiel leider ihrer Partnerin Hermine noch viel schwerer. Meine Süße hörte auf zu fressen und lag nur noch apathisch im Käfig, wollte gar nicht mehr raus. Verzweifelt bin ich los und habe für Zuwachs gesorgt, in der Hoffnung, die 3monatige Emily - erneut ein Löwenköpfchen - könnte der Großen etwas Lebensmut zurückgeben, und für einen kurzen Moment sah es auch so aus. Hermine berappelte sich und nahm wieder am Leben teil, doch suchte sie nach wie vor nach ihrer Sukie. Nach Ostern baute sie erneut ab und erkältete sich dann - trotz Impfung - vermutlich der geschwächte Körper war schuld. Das vom Arzt verschriebene (richtige! ich habs mittlerweile 1000 mal überprüft) Antibiotikum hat ihr den Rest gegeben. In der Nacht lagen wir noch gemeinsam auf dem Teppich, sie in meinem Arm, und ich konnte nicht aufhören sie zu streicheln. Am nächsten Morgen ging es völlig übermüdet zum Tierarzt, der sie noch an den Tropf legen wollte, mich dann aber ernst ansah und sagte, man wolle doch den armen Wurm nicht weiter quälen. Dazu muss man wissen: dieses Tier war nicht wie andere Kaninchen. Hermine war eigentlich eine Katze mit zu langen Ohren und zu kurzen Beinen, sie schnurrte nicht, aber knirschte mit den Zähnen, wenn es ihr gut ging. Sie brauchte den Kontakt zum Menschen - im Gegensatz zu Sukie, die von mir höchstens Futter annahm. Hermine konnte ich regelrecht in Trance streicheln, sie hörte auf ihren Namen und saß abends gerne neben - oder auf - mir auf der Couch, ließ sich die Pfötchen massieren und döste vor sich hin. Etwas, was ich immer noch sehr vermisse. Sie war aber auch ein kleines Monster, wenn es darum ging, Mist zu bauen. Sie lief mir in der Wohnung hinter her und ständig zwischen die Füße, wie man es nur von Hunden und Katzen gewöhnt ist. Und sie war wunderschön. Nach ihrem Tod  hatte ich vor, die Neue, Emily, erstmal alleine zu halten. Aber natürlich war mir klar, dass das egoistisch ist und habe dann Buffy dazugeholt, ein kleiner weißer Tuff von Löwenkopf, die sich sofort bestens mit Emily verstanden hat. So hatte ich Ende April wieder ein Kaninchenpärchen zuhause.
Das Wetter wurde schöner, die ersten warmen Tage kamen, und ich schwang mich auf mein Fahrrad, mit dem ich sowieso immer wieder irgendwie in Köpenick strande. Muss daran liegen, dass es dort so schön ist. Dafür endete Ende April eine Freundschaft. Manche Menschen können halt nicht damit umgehen, wenn man einmal deutlich macht, dass man über das Verhalten des anderen richtig sauer ist. Schade drum.
In der Blogcommunity kam Platzhirsch dazu, der sich aber in den letzten Monaten wieder sehr rar gemacht hat.

Film
Im April war ich ebenfalls recht häufig im Kino, doch gab die Auswahl der Filme nichts her, was irgendwie Nachhaltigkeit besessen hätte. Unterhaltung ja, aber nichts Besonderes. Einen Film des Monats April gibt es daher nicht für mich.
"John Rabe" lief im Kino an, so eine Art deutscher "Schindlers Liste" mit einem fantastischen Ulrich Tukur in der Hauptrolle. Leider hat der Film nicht den gewünschten Erfolg, vielleicht mag das Publikum aber auch eine Zeitlang keinen Stoff mehr sehen, der den Zweiten Weltkrieg aufarbeitet, verstehen könnte ich das. Auch der deutsche Filmpreis für Film und Hauptdarsteller Tukur konnte die Besucherzahlen nicht steigern. "John Rabe" hatte ich schon einige Monate zuvor in einem Testscreening gesehen und war damals sehr beeindruckt. Allein wegen Robert DeNiro habe ich mich dazu bewegen lassen, mir "Inside Hollywood" anzuschauen - den Film hatte ich völlig vergessen und habe auch gerade meinen Eintrag von damals nochmal sehr verwundert durchgelesen, weil ich mich überhaupt nicht dran erinnern kann. Das sagt ja schon alles. Dann gabs noch die "Knowing" Preview und die Erkenntnis, dass Nicolas Cage irgendwie einfach keine guten Filme mehr machen will. Völlig überrascht war ich, dass mir der vierte Aufguss von "Fast & Furious" tatsächlich gefiel und ich sogar Paul Walker ertragen konnte. Meine Dwayne Johnson Sucht wurde mit "Die Jagd zum magischen Berg" befriedigt, einem harmlosen Kinderscifi-Film, der aber von erster bis letzter Sekunde richtig Spaß gemacht hat, ebenso wie der sehr kindertaugliche Martial Arts Film "Forbidden Kingdom" mit Jackie Chan und Jet Li. Ole Bornedals "Bedingungslos" hat nicht vom Hocker gerissen, "Radio Rock Revolution" um den Piratensender in der Nordsee im Jahr 1966 dagegen sehr, wobei auch dieser am besten mit harmlos zu beschreiben ist. Dafür aber sehr witzig und mit einem absolut tollen Soundtrack. "Monsters vs Aliens" habe ich in 3D geschaut - gehörte aber auch zu den Filmen, die man schon vergessen hat, bevor der Abspann durch ist.

TV
"Primeval" Folge 3 passierte: Professor Nick Cutter ist tot. Hier müsste eigentlich eine Schweigeminute kommen, denn in dieses Rollenprofil - insbesondere auch aufgrund der verschmitzt-sexy-netten Darstellung von Douglas Henshall, hat es mir ziemlich angetan in den ersten beiden Staffeln. In meinem damaligen Eintrag habe ich noch Hoffnungen geschürt, dass da bestimmt noch irgendeine magische Auflösung kommen und Cutter natürlich überleben würde. Naja. Hoffnungen sind da, um zerstört zu werden. Dafür verdichteten sich die Gerüchte, dass "Primeval" dank Warner Bros irgendwann den Sprung ins Kino schaffen würde.
"Reaper" startete auf Pro7, die Serie in der Sam feststellen muss, dass seine Eltern seine Seele an den Teufel verkauft haben und dieser nun Sams Dienste einfordert, nämlich entflohene Seelen einzufangen und wieder in die Hölle zurückzuschicken. Dabei helfen ihm natürlich seine Freunde. Die herrlich komische Serie musste hierzulande erstmal in Gang kommen, zuletzt hatten die Folgen recht gute Quoten, Nachschub gibt es leider nicht, denn "Reaper" wurde in den USA nach Staffel 2 eingestellt.

Musik
Die Buga-Hymne wurde bekannt, und einige Menschen waren aufgrund dieses irgendwie sehr "braunen" Anstrichs, den die Musik hatte, schockiert. Ich auch.
Normalerweise sollte hier als CD des Monats Depeche Modes "Sounds of the Universe" beschrieben werden, das war sozusagen mein Plan, ehe ich wusste, dass ich so einen Rückblick überhaupt machen würden und vor allem ehe die Platte erschien. Als ich die Songs dann aber wieder und wieder durch die Boxen jagte und einfach nicht warm mit ihnen wurde, kann ich dieses Album nur noch als eine der größten musikalischen Enttäuschungen des Jahres bezeichnen.
Dagegen merkten Alex Christensen und Oscar Loya wenigstens noch vor ihrem Auftritt beim Eurovision Song Contest, dass sie allein kaum Chancen haben würden und gaben bekannt, sich Frau Dita von Teese als Showgirl dazuzuholen. Nun ja, im Mai-Rückblick sehen wir, obs was gebracht hat.
Im englischen Original vom Supertalent, nämlich "Britain's Got Talent" machte eine verhuschte, schottische Hausfrau mittleren Alters Furore. Die Dame - jeder kennt sie mittlerweile als Susan Boyle - kam im Hausmütterchenkleid auf die Bühne und sang vor dem zunächst skeptischen dann begeisterten Publikum "I dreamt a dream" aus dem Musical "Les Misérables". Per YouTube ging ihr Auftritt um die Welt, allein bis Ende Mai wurde das Video 6 Mio Mal angeklickt - zum derzeitigen Stand sind es über 33 Mio Mal. Am Ende wurde sie "nur" zweite, ein Zusammenbruch folgte, doch jetzt im Dezember ist ihre erste Platte erschienen, ein Auftritt bei Gottschalks Jahresrückblick, und ich bin mir sicher, von dieser Frau werden wir noch oft etwas hören. Hoffentlich geht diese ehrliche Person in diesem Business nicht unter. Eine Erfolgsstory sondergleichen. So, gerade nochmal Video geschaut und Tränchen im Auge.

Sonstiges
Kann man glauben, dass es schon so lange her ist? Im April begann der Schweinegrippen-Wahnsinn! Das öffentliche Leben in Mexiko kam zum Stillstand, Schulen wurden geschlossen, Jugendliche, die an Austauschprogrammen teilgenommen haben, wurden in Scharen wieder zurück nach Deutschland gebracht. Seit Ende April ist die Schweinegrippe - oder besser das H1N1-Virus - fast täglich auf dem Titelblatt der BILD-Zeitung, Verschwörungstheorien sind im Umlauf, etc.
Das war auch alles ganz praktisch, denn die Schweinegrippen News und Panikmache überlagerte andere wichtige Themen wie die Arcandor-Pleite, Opel- und Quelle-Diskussionen und andere desaströse Wirtschaftsnachrichten.
"Golden Girl" Bea Arthur ("Dorothy") verstirbt 86jährig an Krebs.
Am Schauspielhaus Düsseldorf wird der Fall Natascha Kampus thematisiert - oder eher die Gier der Mediengesellschaft an Informationen über den Fall und das Mädchen.
Johannes B. Kerner gibt bekannt, vom ZDF zu SAT.1 zu wechseln.
Das Urlaubsschiff MS Melody wird im Indischen Ozean nördlich der Seychellen von Piraten erfolglos angegriffen, Crew und Passagiere können dem Schlimmsten entgehen.
Günther Jauch wurde bei einer "Wer wird Millionär"-Sendung buchstäblich sprachlos, seine Stimme gibt den Geist auf, und seine Kandidatin muss ihre Fragen selbst vorlesen.

Links zum Eintrag
Das neue Kaninchen
R.I.P. Hermine
Buffy ist da
John Rabe
Inside Hollywood
KnowingFast & Furious
Die Jagd zum magischen Berg
Bedingungslos
Forbidden Kingdom
Radio Rock Revolution
Monsters vs Aliens
Primeval
BUGA-Hymne
Susan Boyle in "Britain's Got Talent"

Mittwoch, 9. Dezember 2009

Rückblick 2009: März

03_09_Header

Zunächst einmal Danke für die durchweg positive Resonanz auf meinen kleinen Rückblicksversuch, der auch tatsächlich etwas Arbeit aber dafür um so mehr Spaß macht. Der März-Header wurde von Hannibal "The Cannibal" Lecter geprägt, passend zu den Fantasy Filmfest Nights.
Im März kam hier der erste des "Darkagent"-Blog-Dreiers in die Community: Spideragent, der weiterhin fleißig seine lesenswerten Film- und TV-Reviews schreibt.
Ich habe in einer Nachtaktion angefangen, meine bisherigen Filmreviews per Bloglisten aufzuräumen. Das möchte ich nicht nochmal tun müssen.
Ach, der März hat so gut angefangen und musste leider so tragisch enden. Meine geliebte kleine Maus - Sukie, ein schokobraunes Löwenkopfkanichen - verstarb an einem Tumor. Die Süße wurde knappe fünf Jahre alt, war wunderschön, zickig, eigensinnig und wirkte, als hätte Walt Disney sie persönlich gemalt, um sie dann Klopfer zu nennen. Eine Erkenntnis: es ist egal wie alt man ist, ob 10 oder 35 - wenn ein geliebtes Tier stirbt, dann weint und trauert man wie um einen Freund. Leider ging es ebenso traurig in den April - aber das im nächsten Rückblick.

Film
Der März war hauptsächlich geprägt von den Fantasy Filmfest Nights, dieses zweitägige Minifestival, das die Lust auf das richtige Filmfest im August nur noch weiter schürt. Mal abgesehen von dem dortigen Filmprogramm zählt das Frühjahr für mich sowieso immer zur Kinohardcore-Phase.
Im Kino war es zunächst "Watchmen", der  mich völlig wegblies. Gleichermaßen ein Film, der definitiv die Meinungen spaltete. Die einen fanden ihn fürchterlich langweilig, die anderen fanden den Comic tausendmal besser, und wiederum andere waren beeindruckt, dass eine Comicverfilmung auf einer ganz anderen Ebene stattfinden kann, als die typischen Vertreter dieses Genres. Ich habe ihn mittlerweile nochmals auf DVD gesehen und musste feststellen, dass der Zauber gebrochen wurde. Hätte ihn danach nicht wieder so extrem gut bewertet, weil ich echt Probleme hatte, nicht einzuschlafen. Danach "The Wrestler", Mickey Rourkes Comeback (was ist eigentlich mit "Sin City"?), ein unglaublich guter Darsteller, aber ein Film, der seine Schwächen hatte. Danny Boyles "Slumdog Millionaire" - DER Oscargewinner, der Publikumsliebling schlechthin, der scheinbar alle Geschmäcker auf sich vereinigen konnte. Ich fand ihn auch großartig. Nicht umsonst wurde er zum Dauerbrenner im Kino, der beispielsweise im CineStar am PotsPlatz in Berlin monatelang lief. Jetzt schon ein Klassiker. Über "The Unborn" dagegen darf man eigentlich keine Worte verlieren, einer der schlechtesten Horrorfilme des Jahres. Einer der schönsten Filme des Jahres - im wörtlichen Sinne - lief dafür hierzulande leider nur in kleinen, ausgewählten Kinos, nämlich Tarsem Singhs "The Fall". Nicht unbedingt die tollste Geschichte, aber visuell so beeindruckend, dass der Film auf DVD nur verlieren kann und diejenigen sich glücklich fühlen durften, die eine Chance hatten, ihn auf der großen Leinwand zu sehen. "The Fall" gab dem Begriff "bildgewaltig" eine neue Bedeutung.
FFF Nights: "The Horsemen", "Franklyn", "Book of Blood" und "Long Weekend" waren die großen Enttäuschungen, Filme, bei denen man sich echt durchquälen musste. "Deadgirl" beinhaltete sicherlich ein echt perverses Thema, mir hat aber die Umsetzung so gut gefallen, dass ich über mein Ekelgefühl hinwegsehen konnte. "My Bloody Valentine" hätte ich gerne in 3D gesehen, so war es  nur ein mittelmäßiges Remake. "Dead Snow" - der finnische Nazi-Zombie Film und "Splinter" - australischer Tierhorror - waren totale Spaßfilme. Nicht mehr und nicht weniger. Während "The Good The Bad The Weird" - die koreanische Hommage an "Zwei glorreiche Halunken" für mich einer DER Filme des Jahres ist - was Realisation, Musik, Schauspieler und Spaßfaktor anbetrifft. Und das kann ich schreiben, nachdem ich ihn mittlerweile schon zwei weitere Male auf DVD gesehen habe.

TV
"The Mentalist" startete im März auf SAT.1. Ich hatte vorher schon die Gelegenheit, die ersten Folgen im Original zu sehen und war begeistert. Nicht, dass die Serie etwas bahnbrechend Neues bereit hielt, aber mit ihrer Hauptperson - gespielt vom superben Simon Baker - und dem netten Polizeiteam brachte sie eine wirklich angenehme Krimiform wieder zurück auf den Bildschirm, weniger Technik, mehr Köpfchen, jedoch niemals besserwisserisch, sondern charmant. Ein Mitraten für die Zuschauer. Toll. Hoffe, die zweite Staffel läuft auch bald.
Vox brachte endlich die erste Staffel von "Life", für die ich ja schon eine ganze Weile Werbung gemacht habe. Ähnlich wie beim Mentalisten geht es da mehr um die eigentliche Ermittlungsarbeit, das Ermittlerduo entsprach nicht der 08/15 Formel, und alles war so schön zurückgenommen inszeniert. Erst die zweite Staffel im Herbst sollte Vox die besseren Quoten bringen. Schade, dass die Serie in den USA nicht mehr produziert wird, ich persönlich könnte Charlie Crews gerne noch ein Weilchen zusehen.
Und Pro7 stand mit "Fringe" in den Startlöchern, einer Mysteryserie, die in den USA außerordentlich gut lief und auch hier einen positiven Start hatte.
Und das allerbeste: meine geliebte, wundervolle, tollste etcpp Serie kam zurück auf den Bildschirm (Pro7), nämlich die dritte Staffel der englischen SciFi-Produktion "Primeval". Sie konnte nicht ganz mit den anderen beiden Staffeln zuvor mithalten, insbesondere Folge 3 im April sollte mich frusten, aber im Großen und Ganzen war ich wieder angefixt.
Der "Stromberg"-Ernie, nämlich Bjarne Mädel, bekam auf Pro7 seine eigene Serie: "Der kleine Mann", abends spät im Programm versteckt, haben mich die Folgen nicht umgehauen.

Musik
In einem ansonsten mauen Frühling und Sommer - was Konzerte anbetrifft - war ich im März bei den Eagles of Death Metal, die für mich eine DER Partybands schlechthin sind. Entsprechend spaßig war auch die Show und spätestens da bin ich zum ewigen Fan geworden.
Joaquin Phoenix war auch umtriebig und ließ sich dabei filmen, wie er bei einem Auftritt einen schimpfenden Zuschauer attackiert hat.
Plattentechnisch hat mich der März nicht umgehauen. Phoenix (nicht Joaquin, sondern die Pop-Franzosen) brachten ihre neue Scheibe "Wolfgang Amadeus Phoenix" raus. Aber da mir darauf nur zwei Songs gefallen, nämlich "1901" und "Fences", verzichte ich auf eine ausführlichere Beschreibung.
Lady GaGa's "Pokerface" war aus den Charts nicht mehr wegzudenken, aber bei mir dauerte es noch eine Weile, bis ich dieser Künstlerin zu Füßen lag.

Sonstiges
Am 11.03. tötet der 17jährige Tim Kretschmer in einem Amoklauf an seiner Schule in Winnenden 15 Menschen - inklusive den Opfern auf seiner Flucht. Am Ende konnte die Polizei ihn stellen, und Tim richtete sich selbst. Ein schwarzer Tag, der bis heute nachdenklich macht.
Im Zuge der 3D-Technik - die in ihrer neuen, digitalen Form mit immer mehr Produktionen Einzug ins Kino hielt, müssen langsam auch die "normalen" Säle aufrüsten. Im März machte UCI den Anfang und sorgte für die 3D Projektion in ihren Kinos.
Die Abwrackprämie wird verlängert, nachdem es bereits hieß Rien ne va plus.
Nach einem Saufexzess stirbt ein Schüler auf einer Klassenfahrt, zwei andere schwebten in Lebensgefahr, Komasaufen kommt wieder in die Schlagzeilen, doch ändert sich nichts.
In Kolumbien schockt ein Inzestfall á la Josef Fritzl: ein Vater zeugte acht Kinder mit seiner Tochter.
Die Phantom-Mörderin aus Heilbronn gerät wieder in die Schlagzeilen.

Dienstag, 8. Dezember 2009

Them Crooked Vultures, 07.12.2009, Columbiahalle Berlin

Achtung, das wird ein langer Eintrag.
Es gibt Konzertabende, die vergisst man niemals. Mein erstes KISS-Konzert z.B. in der Deutschlandhalle damals. Vor einigen Jahren ein Endfuffziger David Bowie, der uns nach fast drei Stunden Show in der Max-Schmeling-Halle völlig ausgepowert entließ und selbst völlig munter von der Bühne ging, während wir aus der Halle krochen, oder R.E.M. 2001 auf der Kölner Domplatte. Dann auch noch mein erstes QOTSA-Konzert 2001 oder Aerosmith Anfang der 90er. Das sind Konzerterlebnisse, an die man sich auch nach Jahren fast noch minutiös und vor allem gerne erinnert.


Them Crooked Vultures - die Supergroup bestehend aus Led Zeppelins John Paul Jones (Bass), Foo Fighters' (und Nirvanas) Dave Grohl (Drums) und QOTSAs Josh Homme (Gitarre/Gesang) spielten gestern in Berlin, nur wenige deutsche Auftritte waren den Fans auf der Europatournee vergönnt. Supergroup - ein Begriff, der bei mir immer leichte Irritationen auslöst, weil das Risiko einer grandiosen Enttäuschung einfach sehr hoch ist. Gerade live hätte es zwei negative Möglichkeiten geben können: 1) die Megaegos der jeweiligen Musiker sorgen dafür, dass sie sich gegenseitig im Weg stehen und man ihre Darbietung höchstens als sperrig bezeichnen könnte, oder 2) der alles überbordende Respekt zweier Jungspunde (ich glaub, das kann man bei Grohl und Homme noch sagen) gegenüber einer Musikerlegende wie Jones wirkt wie eine Barriere, und sorgt dafür, dass die Musik nicht homogen wirkt.
Beide Sorgen waren unberechtigt. Gut, das zeigte sich sicherlich auch schon auf dem Mitte November erschienenen selbstbetitelten Album, auf welches ich in meinem November-Rückblick noch detailliert eingehen werde. Doch so sehr ich das TCV-Debüt auch liebe, bleibt natürlich immer die Frage, wie das alles live klingt. Beim ersten Durchhören des Silberlings ließ sich feststellen, dass insbesondere Josh Homme mit seinem QOTSA-Sound dem Dreiergespann deutlich den Stempel aufgedrückt hat, zudem wurde er von Grohl und Jones auch noch dazu verdammt, die Frontsau zu spielen, weil die anderen beiden sich zierten (hierzu gibts ein schönes Interview in der Jubliäumsausgabe der Visions). Jedoch bei dem gestrigen Live Konzert sah die Sache schon ein bisschen anders aus, die Songs hatten immer noch einen Hauch QOTSA am Leib, aber entwickelten sich doch zu etwas Eigenständigem, zu einem absolut perfekten Sound. Aber der Reihe nach.
Sweethead eröffneten den Abend, hierzu habe ich bereits etwas geschrieben. Nach einer kurzen Umbaupause kamen Dave Grohl, Josh Homme und John Paul Jones auf die Bühne und wurden komplettiert von dem Multiinstrumentalisten Alain Johannes, der manchem - wenn man wie ich QOTSA-Fan ist - vielleicht schon ein Begriff war. Noch ehe auch nur ein einziger Ton gespielt wurde, wurde die Band frenetisch vom Publikum gefeiert, locker zwei Minuten vergingen, "John Paul Jones"-Sprechchöre erklangen (nicht das einzige Mal an diesem Abend, übrigens wurde der Mann deswegen verlegen, um dann von Homme aufmunternd angelächelt zu werden - irgendwie niedlich), bis Homme sich fassungslos an die Menge wandte und nur noch sagen konnte "I love you". Man nahm seine Positionen ein und los gings mit "Nobody Loves Me & Neither Do I" - auch der Opener auf dem Album. Ein Stück, welches Bluesrock neu definiert und mit einem letzten Drittel aufwartet, welches insbesondere live einfach nur noch als geil zu beschreiben ist. Testosteron pur, Kerle-Beats, die Mädchen anmachen *lach*. Kann ich nicht anders beschreiben. Schon zu dem Zeitpunkt war die Halle am Kochen, und auch bei mir hoch oben auf der Galerie wurden Mähnen geschüttelt und entrückte Gesichter entdeckt. Weiter gings mit "Dead End Friends" und "Scumbag Blues". Der geneigte QOTSA-Freund weiß, dass Josh Homme zum einen auf der Bühne nicht sonderlich gesprächig ist und zum anderen nun nicht unbedingt mit einer der besten Live-Stimmen gesegnet ist, was auf CD häufig fast Crooner-mäßig rüberkommt, klingt live oftmals nach Falsett-Gesang. Bei dieser Art von Musik stört das aber nicht weiter. Viel faszinierender war die Tatsache, welcher Qualitätsunterschied zu anderen Bands an diesem Abend zu hören war. Mit den vier Männern auf der Bühne standen dort auch vier absolute Ausnahmetalente, die entweder ein Instrument perfekt beherrschten oder im Falle von beispielsweise Jones oder Johannes gleich mehrere, und die eine außergewöhnliche Musikalität besitzen. Die Klänge von der Bühne waren um vieles klarer, reifer und definierter als ich es von anderen Bands gewohnt bin - auch von früheren Konzerten der Queens of the Stone Age. Dave Grohl und John Paul Jones bildeten mit der Drums/Bass Rhythmsection einen perfekten Klangteppich, ich habe den Bass selten so deutlich herausgehört. Und Grohl ging auf sein Schlagzeug los, als wenns kein Morgen gäbe. Mein lieber Kollege, der gestern auch dabei war, sagte heute ganz richtig, dass er es einfach nur faszinierend fand, mit welchem Automatismus Grohl seine Drums prügelte und zwischendurch immer wieder das Mikro heran- und hinwegschob für seine  Background Vocals. Schneller als meine Augen es manchmal erfassen konnten. Alain Johannes ist eine coole Sau von Gitarrist, der sich zudem perfekt in jede Art von Musikerkonstellation einbringen kann und eigentlich immer ein Gewinn ist. Und Josh Homme - man kann sagen über ihn was man mag, ich halte ihn für einen der besten Gitarristen und Musiker der Gegenwart. Welche Töne dieser Mann seinem Instrument entlockt, das ist schon hohe Kunst, insbesondere da er mit seinen Riffs oftmals die eigentliche Melodie konterkariert, um dann aber wiederum zur Melodie zu singen. Und wenn dann mal 'ne Gitarrensaite reißt, dann hält man die beim Solo mit den Zähnen fest und spielt einfach weiter. Was also die musikalischen Fähigkeiten der Herren anbetrifft, war das gestern Abend ein absoluter Aha-Effekt.
Zur Atmosphäre lässt sich folgendes schreiben. Seit 2001 gehe ich regelmäßig zu allen QOTSA und Foo Fighters-Konzerten, natürlich habe ich LedZep nicht mehr live erlebt. Man sollte meinen, dass da gestern alte Hasen auf der Bühne standen, die schon alles gesehen und erlebt haben. Mitnichten (ich liebe dieses Wort)! Them Crooked Vultures spielte genauso auf, wie man es von einer jungen Band, die erst seit wenigen Monaten zusammengefunden hat, erwartet. Aufgeregt, glücklich, strahlend. Dass Grohl immer von einem Ohr zum anderen grinst, ist man ja mittlerweile gewohnt. Jones wirkte teilweise richtig schüchtern und versteckte sich gerne auf der linken Seite der Bühne hinter den Lautsprechern. Daher ist mir wohl bei Homme am deutlichsten der Unterschied zu den letzten QOTSA-Shows aufgefallen, die ich gesehen habe. Um nicht falsch verstanden zu werden - schlecht drauf hab ich den Mann noch nie live erlebt. Aber es ist schon lange her, dass man mitansehen konnte, wieviel Lust am Spielen er auf der Bühne hat und aus dem Grinsen nicht mehr heraus kam. Dass die vier (mit Johannes) noch nicht perfekt aufeinander eingespielt waren, konnte man daran erkennen, wie sehr sie auf der Bühne noch mit Blicken, Gesten und Worten miteinander kommunizieren mussten - immer begleitet von einem Lachen. Ohne Frage hatten sie großen Spaß miteinander. Und dass ich noch erleben durfte, wie Mr Homme seine Gitarre zur Seite legt, das Mikro greift, in der anderen Hand eine Zigarette und wie ein freundlicher Tanzbär altherrensalsamäßig hüftwackelnd über die Bühne schwebt und entspannt vor sich hinsingt und tanzt, hätte ich mir im Leben nicht träumen lassen. Findigere Leute haben zu dem Zeitpunkt diesen Moment sicher gefilmt, ich war einfach nur hin und weg - wie immer, wenn ich feststelle, dass die Menschen, denen ich zusehe und -höre mit größtem Vergnügen bei der Sache sind. Allein dieser Augenblick hat mir deutlich gezeigt, dass die Gründung von Them Crooked Vultures sicherlich nicht das Ende von QOTSA oder den Foos bedeutet, aber ganz bestimmt eine wichtige Etappe für die Musiker zu sein scheint, um den Kopf wieder frei zu bekommen und neu anzufangen. Dafür mein Respekt.
90 Minuten lang haben sie gespielt, alle Songs des aktuellen Albums sowie "Highway Man" in einer Qualität, wie man sie live nur selten zu hören bekommt. Die Bühne machten sie im wahrsten Sinne zu ihrem Spielplatz, einzelne Songs wurden in Jamsessions zu 8Minütern aufgeblasen, die Freude nahm mehr Raum ein als der gegenseitige Respekt. Und ich bin froh, dass ich sie jetzt live gesehen habe, da ich annehme, dass bei den späteren Konzerten dieser Supergroup (ein Begriff, mit dem ich mich jetzt anfreunden kann) dann auch irgendwie der Alltag Einzug hält. Die Berliner feierten die Band an dem Abend bis zum Schluss ausgelassen. Und soviele Crowdsurfer (das ging minütlich mit jeweils 1-2 Leuten) habe ich noch nie bei einer einzigen Show gesehen.
Ein Abend, den ich so schnell ganz sicher nicht vergessen werde.


Hier noch einige Fotos (man beachte bitte die synchrone Beinarbeit von Josh Homme und Alain Johannes), und auf der zweiten Seite gibt's die Setlist, die ein fleißiger User auf setlist.fm veröffentlicht hat.
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Zum Vergrößern natürlich anklicken!


Setlist, 07.12.09, Columbiahalle


No One Loves Me & Neither Do I
Dead End Friends
Scumbag Blues
Elephants
Highway One
New Fang
Gunman
Bandoliers
Mind Eraser, No Chaser
Caligulove
Interlude With The Ludes
Spinning in Daffodils
Reptiles
Warsaw Or The First Breath You Take After You Give Up