Montag, 19. November 2007

Rockiger Seelenschmerz mit Interpol (und Blonde Redhead), Berlin,Columbiahalle (17.11.07)

Gegensätzlicher hätten meine beiden letzten Konzertabende nicht sein können, vor zwei Wochen Kaiser Chiefs (wie hier berichtet), die Partymusik machten und die entsprechende Stimmung auf der Bühne und im Publikum verbreiteten. Und nun Interpol, deren Bühnensetting mit all diesen schwarzgewandeten Herren, die relativ steif auf ihren Instrumenten spielten, an eine Ausstellungseröffnung einer Kunstgalerie erinnern ließen.
Zuvor brachten uns bereits Blonde Redhead in eine irgendwie unwirkliche, surreale Stimmung. Der Musikstil des Trios um die langbeinige Sängerin Kazu Makino mit Micky Mouse-Kieksstimme ist für mich eher mit "seltsam" zu bezeichnen. Eine interessante Mischung aus Rock und der vertonten Unterwasserwelt. Irgendwie. Schwer zu beschreiben. Aber neugierig hat mich ihr halbstündiges Set in jedem Fall gemacht.
Nach einer ziemlich langen Wartephase gabs dann die volle Ladung rockige Melancholie. Wie erwähnt: die Band sehr stylish komplett in schwarz gekleidet (am Rande sei erwähnt, dass ich die blankpolierten Schuhe von Paul Banks sogar oben auf der Galerie habe blitzen sehen, wens interessiert *lach*) und relativ bewegungslos. Ich glaube, während des kompletten Sets ist nicht eine Haarsträhne von Banks' perfekt gewachster Frisur entglitten. Dafür hat sich Carlos D an der Gitarre z.T. grazil wie eine Ballerina übers Parkett bewegt.
Wer sich zu Interpol ins Konzert begibt, darf halt keinerlei spontane Aktionen erwarten oder gar sowas wie Jam Sessions auf der Bühne, das passiert nicht. Und würde auch nicht zur Musik der New Yorker passen. Die Show ist perfekt durchorganisiert und absolut überraschungsfrei. Mich würde sogar wundern, wenn sie von Tag zu Tag die Setlist ändern würden.
Dafür darf man als Fan aber auch in den wunderschönsten Tönen schwelgen, die da von der Bühne rüberkommen. Diese Band beherrscht ihre Instrumente wie wenige andere, der Sänger hat auch live eine unverwechselbar ausdrucksstarke Stimme, die unter die Haut geht und das Publikum wird alleine von dem perfekten Spiel, den herrlich gitarrenlastigen, teils melancholischen, teils hoffnungsvollen Songs mitgerissen, so dass in der gesamten Halle inkl. der Galerie eine angenehme Stimmung herrscht. Und es ist auch okay, wenn die Sicht zur Bühne mal nicht gegeben ist, weil man einfach die Augen schließt, die Musik genießt und den Text leise für sich mitsingt und dabei ein wenig davon schwebt.
Gut so.
Setlist? Keine Ahnung, sie haben von ihren bisherigen Alben eigentlich alles gespielt was ich mag. Fotos habe ich hier gefunden.

11 Kommentare

  1. Na mensch h�rt sich f�r mich nach echtem Rentnerkonzert an. Hattest Du Deinen Klappstuhl und das Feuerzeug dabei ;) Da rockten Kraftwerk ja mehr - aber mal im Ernst, angenehme Stimmung bei einem Livegig ??? Na Du bist eben doch eine echte Smoothie-Braut :)

    AntwortenLöschen
  2. Moooooment mal!
    Ja, ich stand auf der Galerie ganz bequem rum, weil ich leider etwas zu sp�t in die Halle gekommen bin und es unten einfach schon brechend voll war.
    Und was hei�t hier Smoothie-Braut? Das von einer, die selbst zugibt, gar nicht mehr zu Livekonzerten zu gehen, weil sie sich f�r den Moshpit zu alt f�hlt. P�h.
    Aber apropos Kraftwerk - der Vergleich ist gar nicht so verkehrt. �brigens gabs auch nette Videoprojektionen (Wellen, Wasser und so), h�tte dir auch gefallen, du Romantikerin, die du auf die l�cherliche Lovestory in "Kick it like Beckham" stehst. Das sagt ja wohl alles. :)

    AntwortenLöschen
  3. *rofl* also das hab' ich mir gedacht, dass Du mein Beckham Outing gleich gegen mich verwendest (bitte dringend um Beispiele f�r nicht l�cherliche Lovestorys). Davon abgesehen hab' ich auch schon auf Rentnerkonzerten gesessen: Tory Amos im Friedrichstadtpalast - schnarch-. Nur weil ich die Konzerts�le nicht mehr frequentiere, heisst das ja nicht, dass man sich jetzt nicht mehr bewegen darf als Besucher oder K�nstler. Ich fand's immer schade, wenn die Band so gar nichts hergab (Jesus and the Mary Chain und Portishead auch gute Beispiele f�r aktionsfreie Konzerte) au�er ein paar Lasereffekten. Und Smoothie ist nicht als Beleidigung gemeint, ich stellte mir nur Dein verz�cktes Grinsen mit geschlossenen Augen, wogend in der zufriedenen M�delsFangemeinschaft vor :) smooth eben

    AntwortenLöschen
  4. Ah, die Sache mit den Assoziationen...
    Was die Motorik auf der B�hne anbetrifft, sind mir die H�ftwackler von Josh Homme und Rumzappeln von Troy van Leeuwen nat�rlich auch lieber :)

    Nicht l�cherliche Lovestorys: Hinter dem Horizont. Da darf man auch ungestraft heulen, finde ich :)

    AntwortenLöschen
  5. Hinter dem Horizont ? AAh Robin Williams. Ein Kreuz, Weihwasser, die Knoblauchtinktur !! Wie kann dieser Mann in einer nicht l�cherlichen Lovestory mitspielen ??? Also wirklich Frau Flinkwert. Bitte ein neuer Vorschlag. :))

    AntwortenLöschen
  6. Tja, �hem, da wirds schon schwer.
    Pulp Fiction: Butch und Fabienne... ;-)

    Aber hinter "Hinter dem Horizont" stehe ich! Mit einer Faust. *lach* (Nein, Dancing with Wolves w�rde ich hier nat�rlich nicht anbringen.)

    AntwortenLöschen
  7. LovestorysDieNichtL�cherlichSind
    Nun, es herrscht das allgemeine Vorurteil, dass ein Fan des gepflegten Splatterfilms nichts mit einer herzzerreissenden Liebesgeschichte anfangen k�nnte (nein Chuckys Braut z�hlt nicht zu den Lovestorys, die ich meine). Weit gefehlt. Es gibt ...

    AntwortenLöschen
  8. ich hab die beiden bands hier in z�rich gesehen... und ich war begeistert. im gegensatz zu vielen anderen besuchern kannte ich blonde redhead bereits und wusste, auf was f�r wundervollen, �therischen sound ich mich einstellen konnte. zuckers�sse streusel auf einem sauren lolli. traumwandlerisch. und interpol? wuchtiger als auch schon. aber auch professioneller. ein sch�ner konzertabend!

    AntwortenLöschen
  9. Bei Blonde Redhead wei� ich noch nicht so genau, die H�lfte ihres Sets fand ich wirklich klasse, die andere eher gew�hnungsbed�rftig. Allerdings hatte ich auch den Eindruck, dass sie gerade erst in Schwung kamen, als das Set auch schon beendet war.
    Und Interpol waren wirklich toll. Keine Frage.

    AntwortenLöschen
  10. auf CD kommt die portierte melancholie von blonde redhead noch viel mehr zur geltung... solltest du dir bei gelegenheit mal anh�ren! ich sp�re sehr viel jesus & mary chain- und air-vibes bei dieser band... und das macht sie f�r mich so h�rbar!

    AntwortenLöschen
  11. Ja, reinh�ren werde ich da auf jeden Fall mal.

    AntwortenLöschen