Freitag, 22. November 2013

Suede (Support: Mark Fernyhough / Teleman), 18.11.2013, Huxley's Neue Welt, Berlin

Ja, am Montag war es mal wieder Zeit für ein Suede Konzert. In diesem Jahr konnte man sich besonders darauf freuen, da die Band nach drei Jahren Reunion und Best-of Touren (die ich auch sehr genossen habe) nun seit Frühling ein neues Album draußen hat und man somit in den Genuss kam, aktuelles Material zu hören.

"Bloodsports" konnte qualiativ sicher nicht an die allerersten Suede Alben anschließen, machte aber das schwache "A New Morning" aus 2002 locker vergessen und war der schlagende Beweis für  meine Überzeugung, dass diese Band tatsächlich eine Zukunft hat und nicht nach einer lukrativen Best of Tour wieder in der Versenkung verschwindet. Insofern war "Bloodsports" tatsächlich so eine Art "Glücklich-mach-Album".

Bevor Suede am Montag im nicht ausverkauften Huxley's zum Zuge kamen, musste ich allerdings durch die Support Hölle. Naja gut, leicht übertrieben, aber der Beginn mit Mark Fernyhough, der es unglaublich wichtig fand, mehrmals zu erwähnen, dass er sich Mark mit "k" schreibt, war schon echt anstrengend. Bereits bei Suedes Berliner Konzert vor drei Jahren stand Fernyhough als "Anheizer" auf der Bühne, auch damals fand ich das eher unglücklich gewählt, weil sein Set extrem einschläfernd war, aber zumindest musste man ihm zugute halten, dass er mit seinem Singer/Songwriter Appeal sympathisch wirkte. Das fehlte Montag völlig. Mit zwei Musikern im Schlepptau und in einem zu eng sitzenden Konfirmandenanzug schien mir der Gute etwas zu sehr von sich überzeugt. Sicher hatte er die Arschkarte gezogen, in dem er sein Set nun wirklich nur vor einer Handvoll von Leuten spielen mussten, die sich alle noch munter miteinander unterhielten. Das ist halt keine schöne Ausgangssituation, und man kommt sich da auf der Bühne dann bestimmt ein bisschen doof vor mit seinen zwei Musikern, allerdings finde ich, dass man da auch locker drüber stehen kann. Stattdessen merkte man ihm an, dass er von der Situation leicht angefressen war, irgendwann auch dazu überging, seine Titel so seltsam zu beenden von wegen "hört ja eh keiner richtig zu".
Gut, dazu kommt, dass ich seine Musik einfach wirklich nicht sonderlich mag, da kann man sich noch so anbiedern und als Neu-Prenzlberger lauter Songs über Berlin schreiben, wenn ich dann dramatisch vorgetragene Textzeilen höre wie (in etwa): "There are places in Berlin where no one speaks English" - hm, tja, nee, sorry, nicht meine Baustelle.

Teleman haben mir danach deutlich besser gefallen. Die zugeknöpften, hüftsteifen Briten waren mir völlig unbekannt und hatten zwei, drei Songs im Gepäck, die ich richtig klasse fand. Der NME beschreibt sie "Teleman look like Alt-J but sound like Hot Chip remixing Belle & Sebastian", was ich ausnahmsweise (für den NME) mal treffend finde.

Und Suede? Da gibt's nach wie vor nichts zu kritisieren. Die Band selbst steht im Hintergrund wie ein Fels in der Brandung, während Sänger Brett Anderson die Bühne beherrscht und glücklicherweise nach wie vor nicht hüftsteif ist. Ich bin immer fasziniert wie fantastisch seine Stimme auch live klingt, selbst wenn er sich wieder auf Tuchfühlung durchs Publikum schlängelt und von lauter fremden Menschen angegrapscht wird (eine furchtbare Vorstellung für mich *lach*). Und ich habs schon einmal nach einem früheren Konzert geschrieben, Anderson leuchtet auf der Bühne. Auf der Straße würde er mir nicht auffallen, aber sobald die ersten Töne erklingen, mutiert er zu einem leicht überirdischen Wesen, was sicherlich durch seine extrem theatralischen Gesten noch unterstrichen wird. Wie dem auch sei: Ich sehe und höre dem Mann (und der Band natürlich) unglaublich gerne zu.
Die Songauswahl fand ich erfrischend couragiert, gleich die ersten drei Stücke des Sets vom neuen Album zu nehmen, da hätten es sich andere Musiker vermutlich einfacher gemacht. Generell wurde viel von "Bloodsports" gespielt, die üblichen Gassenhauer wie "Can't Get Enough", "Beautiful Ones" (wie immer als letzte Zugabe), "So Young", "Animal Nitrate" etc. fehlten zwar auch nicht, aber selbst da ließ man sich was Anderes einfallen, spielte beispielsweise "She's in Fashion" in einer berückenden akkustischen Version, die dem Song etwas völlig Neues abrang. Schön ist es auch zu wissen, dass sie ihre Setlisten von Show zu Show verändern, wie mir meine Freundin, die Suede gestern in Köln gesehen hat, bestätigt.
Wenn man etwas bemängeln möchte, dann vielleicht die Reihenfolge der Titel. Ich mag es grundsätzlich nicht so gerne, wenn man plötzlich mitten im Konzert einen ganzen Block von ruhigen Songs präsentiert bekommt, da wird man so runtergepegelt, wobei sich gerade bei den ruhigen Stücken eine herrlich intime Stimmung ergab. Außerdem gönne ich Brett Anderson natürlich seine Erholungspausen, der Gute springt und tanzt sich auf der Bühne ja nun wirklich die Seele aus dem Leib, was wie ich finde, von den Zuschauern einfach nicht zur Genüge gewertschätzt wurde. Das wäre tatsächlich ein kleiner Kritikpunkt zum Abend, für den Suede selbst nix können. Das Publikum war in Sachen Zuspruchsbekundung eher moderat. Freundlich ausgedrückt. Von meinem Standpunkt aus konnte ich zwar sehen, dass in der Mitte vor der Bühne ordentlich abgefeiert wurde, also so wie es sich gehört, während ich mal wieder in der Arme-verschränken-starr-geradeaus-glotzen-Ecke stand und die einzige war, die tatsächlich richtig getanzt hat. Berliner können sonst bei bestimmten Bands tierisch abgehen, habe schon viele Konzerte erlebt, wo die Luft am Kochen war. Aber das eher "gesetztere" Publiku ab 35 wollte am Montag einfach nicht so herumtoben.
Insbesondere im Vergleich zu dem einfach nicht zu toppenden Abend in der Brixton Academy vor zwei Jahren in London, wo ich in den ersten fünf Minuten nach Konzertbeginn buchstäblich das Gefühl hatte, um mein Leben kämpfen zu müssen, bis ich mich drauf einlassen konnte, war das Montag nicht die beste Leistung meiner Mitberliner.

Ansonsten lässt sich noch festhalten, dass das Huxley's nicht wirklich geeignet ist für den Suede Sound. War ähnlich wie im Dezember vor drei Jahren in der gleichen Halle: Die Anlage kommt mit den hohen Gitarrentönen irgendwie nicht klar, das klang schon sehr unsauber bis kreischig und tat nach einigen Songs ein wenig in den Ohren weh. Also bitte Suede, beim nächsten Mal ab ins Astra oder in die Columbiahalle :)

look like Alt-J but sound like Hot Chip remixing Belle & Sebastian
Read more at http://www.nme.com/reviews/teleman/14560#XcmUSrW6u6QBKoeJ.99
look like Alt-J but sound like Hot Chip remixing Belle & Sebastian
Read more at http://www.nme.com/reviews/teleman/14560#XcmUSrW6u6QBKoeJ.99
look like Alt-J but sound like Hot Chip remixing Belle & Sebastian
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look like Alt-J but sound like Hot Chip remixing Belle & Sebastian
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War wieder ein richtig schöner Abend mit den Herren, bitte bald wiederkommen, andere Halle und ohne Fernyhough.

Setlist:
Faultline / Barriers /  It Starts And Ends With You / Trash / Animal Nitrate / We Are The Pigs / He's Dead / Sometimes I Feel I'll Float Away / Sabotage / The Drowners / Can't Get Enough / Filmstar / Daddy's Speeding / Still Life / Down / For The Strangers / So Young / Metal Mickey
Zugabe:
She's In Fashion / Beautiful Ones

Und wer kurz bei Teleman und Suede reinschauen will, kann das hier tun:

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